Wien - Elisabeth Böhm weiß, dass das jetzt komisch klingt. Ihr selbst ist aber gar nicht zum Lachen zumute. "Ich habe schon einige Male die große Drehtür verfehlt." Nein, sie war nicht betrunken. Es herrschte auch nicht dunkle Nacht, Glatteis oder dichter Nebel: Es waren ganz normale Morgen, an denen die Betriebsratsvorsitzende der Wiener UTA-Niederlassung auf der Donaucityplatte die Tür nicht erwischte.Vom Winde verweht Schuld ist der Wind: "Wenn im Rest von Wien ein harmloses Lüfterl bläst, herrscht bei uns ein Orkan", klagt Böhm. So habe sie auch gestern, Donnerstag, ihren Weg zum Arestower schwer gegen das Element erkämpfen müssen: Seit der Fertigstellung des Turmes klagen Anrainer und hier arbeitende Menschen, jage der Wind "wie ein Düse" durch das Vorzeigeviertel. "Wenn es regnet können sie jeden Schirm vergessen", klagt Böhm - und weiß ebenso wie der Donaucity-Anrainer Thomas Zotter, dass Geschichten vom Windloch wie Slapstickszenen klingen: So soll es Zeugen geben, die sahen, wie am 12. Februar vier Männer nötig waren, um einen Kinderwagen am Boden zu halten. Menschen sollen sich wie auf schwerer See an Bauzäunen entlang hangeln. Man stütze und schütze sich "händchenhaltend" (Böhm) - oder benutzt die eigentlich für Fußgänger gesperrten unterirdischen Zufahrtsstrecken. Festbinden "Einige Bänke wurden am Bauzaun festgebunden - ich frage mich, ob der Zaun die Bank, oder die Bank den Zaun sichern soll", versucht Zotter der Situation eine komische Note abzugewinnen: 1285 Anrainer haben eine Unterschriftenliste unterzeichnet, in der Bezirk und Donaucityerrichter aufgefordert werden, den Wind wenn schon nicht ab- so doch zurückzudrehen. "Man kann alles dramatisieren", will Donaustadts Bezirksvorsteher Franz-Karl Effenberg (SP) ein Lüfterl nicht zur Windhose hochstilisieren, "die Donaustadt ist windiger als andere Bezirke." Von "orkanartigen Böen" (Zotter), könne keine Rede sein. Dennoch werde man sich in nächster Zeit zusammensetzen um zu überlegen, ob zwei unterirdische Gänge zumindest teilweise geöffnet werden können. "Denn dass die Leute alle auf der Fahrbahn gehen, ist wirklich gefährlich." Auch seitens der Donaucityerrichter, der WED, will niemand Sturmwarnung geben: "Ich sehe niemanden, der sich festklammert", wundert sich WED-Vorstand Thomas Jakoubek, "ich glaube viel eher, dass der Wind ein Argument dafür sein soll, die Wiener Linien dazu zu bringen, für die 300 Meter zur U-Bahn eine Buslinie zu verlängern." (Thomas Rottenberg, DER STANDARD Print-Ausgabe 22.2.2002)