Das größte Kreuzschifffahrtsschiff der Welt, die Carnival Destiny, hat auch nicht mehr Passagierplätze als 35 Frachtschiffe", betont Hugo Verlomme in der aktualisierten Neuauflage von Reisen mit dem Frachtschiff. - Ob eines auch in den Irak fährt? Normalerweise kommt man dort ja nur als Bomberpilot oder als Jörg Haider hin. Aber, so Hugo Verlomme, Agenturen in Europa und in den USA erhöhen rasch die Angebote für Reisen mit dem Frachtschiff, also vielleicht?Obwohl eine goldene Regel für Frachtschiffreisende heißt: "Alles kann sich jederzeit ändern: die Fahrpläne, die Routen, die Tarife und sogar das Schiff." Aber man könnte es riskieren. Für die "Richtung Libanon und Ägypten" wird als Tagespreis 80 Euro genannt, für die Rundreise danach "muss man nur den Tagespreis für ein Hotelzimmer ohne Mahlzeiten und mit Meeresblick berechnen, bis zu 32 Tagen". Aber so viel Zeit hatten nur Missionare, Jörg Haider hat sie nicht. Obwohl sich im Fasching auch die Carnival Destiny angeboten hätte. Oder eben ein Frachtschiff. Wie immer man seinen hektischen Besuch im Irak wertet, er hat mit dem Faschingsdienstag viel gemeinsam. Da reicht auch das Kind des Abfahrtsolympiasiegers Fritz Strobl auf Haiders, des Weltkinderfreundes, Armen nicht, keine Schulterschlüsse reichen aus, keine Krisensitzungen. Nur der fast immer offene Volksmund ist schnell wieder gestopft, gefüllt mit Lügenbrei. Oder er wird zum Schweigen gebracht durch Jodelzugaben Hansi Hinterseers. Der Mensch ist ein feinfühliges Wesen", bemerkt Robert Walser vor fast hundert Jahren. Eine Angstvorstellung: Wenn Robert Walser einmal, etwa auf einem Flug in den Irak, neben Jörg Haider oder, in einem Bierzelt, dem aufgesperrten Volksmund gegenüber sitzen müsste, dann würde er wohl noch einmal diesen Satz schreiben: "Leider geben wir uns mit unnützen Leidenschaften ab, die nur zu bald unser Wohlbefinden untergraben und unserm Glück ein Ende setzen." Vielleicht hätten seine ziselierten Sätze, diese Widerstandsnester der Höflichkeit, geholfen, aber es ist eher zu fürchten, dass zutrifft, was im STANDARD zur FPÖ-Rhetorik der Lüge vor einem Jahr einmal und jetzt, aus gegebenem Anlass exakt im gleichen Monat, noch einmal anders angemerkt wurde: "Gegen ihre krachlederne Brutalität wird jeder Widerstand zwecklos, auch gegen ihre Floskeln: ,Chirac ist ein schwerer Junge' und ,ein Euro ist ein Euro'." "Seid ihr alle da?", fragt der Kasperl seine Zuschauer. Alle sind nicht da, aber es reicht wieder einmal. Und alle schauen gebannt hin, als ob es in der Welt nichts anderes gäbe als die langweiligen Variationen langweiliger Kasperliaden. Überall draußen aber kann gereist werden: "Dass der Wald so weit, so groß und so weit verbreitet ist", schließt Robert Walser Fritz Kochers Aufsätze ab, "ich wünsche den Menschen das Gleiche." Wer ist seinem Wunsch gewachsen? - Am ehesten die Tatarenkinder in Ossip Mandelstams Reise nach Armenien, die ihre Pferde baden. Oder das ungerupfte Huhn, das an seinem Sattelbogen baumelt: Die Gegenbilder wachsen. Und die Reise in Robert Walsers Wald für die Menschen und in die Farben von Ossip Mandelstams Armenien sollte man doch eher riskieren als eine mit Jörg Haider in den Irak. Schon in Gefahr, beobachtet von Stalins Schergen, notierte Mandelstam in seiner Reise nach Armenien 1930: "Im fortschreitenden Aufstieg wand sich die Drehorgel des Diorithgesteins los wie ein alpiner Walzer." Deshalb zuletzt der Versuch einer Utopie: Schluss mit anderer alpiner Musik, stattdessen eine Reise zur Vielstimmigkeit und zu den Dissonanzen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 22.2.2002)