Wien - Die Volksoper, zurzeit von Kopf bis Fuß auf Operette eingestellt: Das aktuelle Projekt der europäischen leichten Muse beschert uns Regiegäste, die in Anschluss an Dominique Menthas brav-lustigen Bettelstudenten dem Konzept gemäß angeblich durchs Lachen die Welt erkennen lassen wollen. Und in jedem Fall aber ein ziemliches Weilchen vor der nächsten Premiere (23. März, Die Generalin ) die Werbetrommel rühren. Katja Czellnik, Vera Nemirova und Emilio Sagi: Man hört ihnen auf der Probebühne der Volksoper zu und vermutet, sie werden das, was in den nächsten Monaten als "Europerette" erscheinen wird, nicht aus dem Geist des Dekonstruktivismus heraus erarbeiten. Dennoch: Die eine oder andere Wiener Opernseele befiel beim Pressegespräch mit den Regisseuren schon Angst, als sie hörte, dass etwa Nemirova bei Meister Peter Konwitschny einiges gelernt hatte. Beim Falstaff am Vorabend wären diese Seelen ganz angstfrei durch den Abend gekommen. Und hätten sie Bernd Weikl gesehen, wie er im Schottenrock als Falstaff den Damen etwas vortänzelte - durchaus hätten sie sich auch in einer Operette wähnen können. Allerdings nur kurz. Im Grunde ist Weikls Falstaff hier ein Erkennender mit den Mitteln der Melancholie - und dies keinesfalls nur dort, wo er klitschnass um ein Schlückchen Glühwein bittet. Der Darstellungsrest ist dann aber souveräne Behäbigkeit und vokale Routine, der Sympathien zuflogen, ohne dass ein gewisses Etwas hörbar wurde. Um Weikl herum durchaus angenehmes Niveau, das Dirigent Tetsuro Ban nur zuweilen durch zu forsches Agieren in Lautstärkebedrängnis brachte: Zu nennen wären Althea-Maria Papoulia (als Alice), Mariselle Martinez (als Meg), Vladimir Stoyanov (als Ford) und insbesondere das "Jungpärchen" Hiroko Kouda (als Nannetta) und Dario Schmunck (als Fenton). (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21. 2. 2002)