International
Bush schließt Invasion Nordkoreas aus
US-Präsident unterstützt "Sonnenscheinpolitik" von Südkorea
Seoul/Peking - Die USA planen keine Invasion
Nordkoreas. "Wir haben nicht die Absicht, in Nordkorea
einzumarschieren", sagte US-Präsident George W. Bush am Mittwoch
während seines Besuchs in Südkorea. Auch Südkorea plane keinen
Angriff auf Nordkorea und "auch Amerika tut das nicht". "Wir sind
rein defensiv", erklärte Bush in Seoul nach Gesprächen mit seinem
südkoreanischen Kollegen Kim Dae Jung. Der US-Präsident, der Nordkorea als Teil einer "Achse des Bösen"
bezeichnet hat, warf Pjöngjang aber erneut vor,
Massenvernichtungswaffen zu entwickeln und gleichzeitig das Volk
verhungern zuzulassen. Er werde seine Meinung über den
nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Il nicht ändern, bis dieser
seine "Bürger freilässt", sagte Bush. Zugleich bestärkte er die
Bereitschaft Washingtons zum Dialog. "Ich wundere mich, warum sie
(Nordkorea) das Angebot nicht angenommen haben." Nordkorea hatte Bush
zuvor als "Kriegshetzer" bezeichnet.
Kim begrüßte die Unterstützung seiner Annäherungspolitik zu
Pjöngjang durch Bush. "Wir sind einer Meinung, dass das Problem der
nordkoreanischen Massenvernichtungswaffen und Raketen zu einem frühen
Zeitpunkt durch Dialog gelöst werden muss", sagte der 76-jährige
Friedensnobelpreisträger. Kim lobte Bush als politischen Führer eines
weltweiten Wegs zum Frieden durch dessen Anti-Terrorkampf. Er hoffe,
dass Bush den Koreanern (als Mann) in Erinnerung bleiben werde, "der
eine entscheidende Rolle bei den Bemühungen um Frieden auf der
koreanischen Halbinsel spielte".
Nordkorea hat mehr als eine Million Mann unter Waffen. Die USA
haben in Südkorea, das 680.000 Soldaten hat, 37.000 Soldaten
stationiert. Südkoreas Präsident Kim sagte, er hoffe wirklich, dass
der Norden das Angebot zum Dialog aufgreife. Kim war für seine
Bemühungen um eine Aussöhnung mit dem Norden im Jahr 2000 mit dem
Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. Seit dem Ende des
Korea-Kriegs von 1950-53 herrscht zwischen beiden Ländern ein
Waffenstillstand; ein Friedensvertrag wurde aber nicht abgeschlossen.
Der Erzbischof von Seoul, Nicholas Cheong, forderte laut Kathpress
den amerikanischen Präsidenten auf, die Bemühungen um eine Versöhnung
zwischen Nord- und Südkorea zu unterstützen. Cheong versieht neben
seinem Amt als Erzbischof von Seoul, wo 1,3 Millionen Katholiken
leben, auch die Aufgabe des Apostolischen Administrators von
Pjöngjang. Der letzte reguläre katholische Bischof der
nordkoreanischen Hauptstadt wurde unter der stalinistischen Regierung
in Pjöngjang verschleppt und gilt seither als vermisst.
Wie in den vergangenen Tagen gab es auch am Mittwoch in Seoul an
verschiedenen Stellen zum Teil wütende Proteste gegen die
Nordkorea-Politik der USA. Im Zentrum der Hauptstadt kam es dabei zu
Zusammenstößen zwischen Hunderten von Demonstranten und der Polizei.
In einem Park nahmen Fernsehberichten zufolge etwa 5000 Angehörige
verschiedener Gruppen an einer Protestkundgebung teil.
Vor seiner Weiterreise nach Peking an diesem Donnerstag sagte Bush
in Seoul, er wolle in China unter anderem die Religionsfreiheit und
die Notwendigkeit für einen Dialog Pekings mit dem Vatikan und dem
geistlichen und weltlichen Oberhaupt der Tibeter im Exil, dem Dalai
Lama, ansprechen. Der US-Botschafter in Peking, Clark Randt, sagte,
beide Seiten sollten Differenzen offen ansprechen. Er lobte die
Zusammenarbeit mit China im Kampf gegen den internationalen
Terrorismus. Die Kooperation sei "auf vielen Ebenen beispiellos".
Chinesische Kritik an den USA wegen Taiwan und Appelle von
Bürgerrechtlern eilten dem Besuch des US-Präsidenten voraus. Chinas
Regierung forderte ein Ende der US-Waffenlieferungen an Taiwan und
warnte davor, die Insel mit einer Raketenabwehr auszustatten.
Aktivisten nutzten den zweiten China-Besuch des US-Präsidenten in nur
vier Monaten, um die Freilassung von politischen Gefangenen zu
fordern.
In einem offenen Brief an Staats- und Parteichef Jiang Zemin
forderten mehr als 200 chinesische Aktivisten, die Fälle politischer
Gefangener, ihre Haftbedingungen und medizinische Lage zu überprüfen,
Unschuldige müssten freikommen. China und die USA sollten eine
gemeinsame Kommission zur Überwachung der Menschenrechte in China
gründen, zitierte der Bürgerrechtler Ren Wanding aus dem Brief, den
auch Lin Mu, der frühere Sekretär des 1989 gestürzten reformerischen
Parteichefs Hu Yaobang, unterzeichnet hat. (APA/dpa/Reuters)