Asien & Pazifik
Australien: Regierung wegen Flüchtlingsskandals unter Druck
Parlament angeblich mit gefälschten Flüchtlingsfotos in Irre geführt - Premier Howard weist Vorwürfe zurück
Sydney - Der australische Premierminister John Howard
gerät im Skandal um gefälschte Flüchtlingsfotos immer weiter unter
Druck. Howard sagte am Dienstag erneut, ihm seien keine Informationen
vorgelegen, die Zweifel an der Echtheit der Fotos begründeten. Die
Regierung hatte vor der Wahl im November behauptet, Flüchtlinge
hätten ihre Kinder ins Meer geworfen, um die Marine unter Druck zu
setzen und ihre Einreise zu erzwingen. Entsprechende Fotos von im
Meer treibenden Kindern sollten die Aussage untermauern. Nach einem Untersuchungsbericht waren die Fotos jedoch gefälscht.
Ranghohe Mitarbeiter der Regierung sollen davon gewusst haben. Howard
erklärte, er habe sich auf Informationen aus dem Verteidigungs- und
Einwanderungsministerium gestützt. Am Montagabend räumte ein
Mitarbeiter Howards ein, der persönliche Berater des Regierungschefs
für Fragen der internationalen Zusammenarbeit, Miles Jordana, sei
über Zweifel an der Echtheit der Bilder informiert worden. Howard
erklärte dazu, Jordana habe nur Gerüchte aus dem
Verteidigungsministerium gehört, die er damals nicht ernst genommen
habe.
Parlament in die Irre geführt?
Oppositionsführer Simon Crean erklärte, der Premier habe das
Parlament in der vergangenen Woche in die Irre geführt. Er habe trotz
seinen gegenteiligen Äußerungen gewusst, dass die Vorwürfe gegen die
Flüchtlinge nicht wahr seien. Bei der Parlamentswahl im November
hatte Howard mit seinem harten Kurs gegen die illegale Einwanderung
gepunktet. Mit den Berichten vom Verhalten der Bootsflüchtlinge
wollte die Regierung ihre Abweisung rechtfertigen.
Die australische Regierung hatte zuletzt ihre Bereitschaft
erklärt, einem Gesandten der Vereinten Nationen Zutritt zu dem
umstrittenen Wüsten-Flüchtlingslager Woomera zu gewähren.
UNO-Menschenrechts-Hochkommissarin Mary Robinson hatte ihre tiefe
Besorgnis über die Behandlung der Asylsuchenden in australischen
Flüchtlingslagern ausgedrückt.
Scharfe Kritik
Rund 380 Asylbewerber hatten im Jänner mit Hungerstreiks und
spektakulären Selbstmordversuchen auf die katastrophalen Bedingungen
in den abgelegenen Internierungslagern und auf die schleppende
Bearbeitung ihrer Asylanträge aufmerksam gemacht. In insgesamt fünf
Wüstenlagern in Australien sind rund 3000 Flüchtlinge interniert.
Viele warten bereits seit mehr als drei Jahren hinter Zäunen und
Stacheldraht auf eine Entscheidung über ihr Schicksal. Die Behandlung
der Asylbewerber ist im In- und Ausland auf scharfe Kritik gestoßen.
Das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) hat gegen die
Inhaftierung von Asylsuchenden protestiert. (APA/AP)