Die hoch verschuldete KirchGruppe wird höchstwahrscheinlich ihr Kerngeschäft KirchMedia nicht wie geplant im Juni an die Börse bringen. Derzeit hätten andere Dinge für den Medienkonzern Priorität, sagte ein Branchenkenner am Dienstag in München. "Sie können nicht alles gleichzeitig machen." Ursprünglich wollte die KirchGruppe die KirchMedia im Juni mit dem Fernsehkonzern ProSiebenSAT.1 zu einem der größten börsenotierten Medienkonzerne Europas verschmelzen. Branchenkenner gehen davon aus, dass sich dieser Plan um einige Monate verzögern wird, als neuer Termin werde der Spätsommer avisiert. Ein Sprecher der KirchGruppe wollte sich dazu heute nicht konkret äußern. Man befinde sich noch im Zeitplan, den man aber laufend überprüfe, hieß es noch am Dienstagvormittag. Der Sprecher bekräftigte jedoch, dass die Fusion in jedem Fall kommen werde. Verhandlungen mit Gläubigerbanken Die KirchGruppe ist zurzeit neben den Verhandlungen mit Gläubigerbanken auch mit Vorbereitungen für den Verkauf ihrer Beteiligungen am spanischen Fernsehsender Telecinco und dem Axel Springer Verlag beschäftigt. Zusätzlich prüft sie die Chancen einer Schadenersatzklage gegen Deutsche Bank-Chef Rolf Breuer. Bewertung schwieriger als erwartet Wegen dieser laufenden Projekte gestaltet sich die Bewertung der KirchMedia durch Wirtschaftsprüfer schwieriger als erwartet. "Im Grunde genommen haben wir uns vom angepeilten Termin im Juni bereits verabschiedet", zitierte die "Financial Times Deutschland" einen ranghohen Manager der Mediengruppe. Anteilseignern ist Börsengang bis 2003 versprochen Den außenstehenden Anteilseignern ist ein Börsengang der KirchMedia bis zum Jahr 2003 fest versprochen. Ansonsten haben sie ein Ausstiegsrecht. In diesem Fall kämen neue finanzielle Verpflichtungen auf die KirchGruppe zu. In der KirchMedia ist das profitable Kerngeschäft mit Film- und TV-Produktionen, Programmlizenzen und Sportrechtehandel gebündelt. Dazu gehören auch die Fernsehsender ProSieben, SAT 1, DSF und N24 sowie die Mehrheit an der Sportrechteagentur ISPR, die unter anderem die Übertragungsrechte an der Fußball-Bundesliga hält. Schadenersatz-Prozess? Ein möglicher Schadenersatz-Prozess der KirchGruppe könnte Deutsche Bank-Chef Breuer unterdessen nach Medienberichten teuer zu stehen kommen. Die Bank-Vorstände seien zwar durch spezielle Versicherungen doppelt geschützt, doch Breuer drohe wegen seiner öffentlichen Einlassungen zu Kirch sogar ein beträchtlicher persönlicher Vermögensschaden, berichtet die "Berliner Zeitung" heute. Für Breuer sei eine Missmanagement-Versicherung abgeschlossen worden. Diese decke im Fall Breuers eine Schadenssumme von 360 bis 400 Mill. Euro (bis 5,5 Mrd. S) - also nur etwa die Hälfte dessen, was Kirch angeblich an Schadenersatz verlangen wolle. Nach Angaben der Allianz haben in den vergangenen Jahren viele Unternehmen die so genannten Directors & Officers-Versicherungen für Vorstände und Aufsichtsräte abgeschlossen, um sie vor den Folgen unternehmerischer Fehlentscheidungen zu schützen. Breuer hatte die Kreditwürdigkeit Kirchs öffentlich in Frage gestellt und ihn damit noch weiter in die Enge getrieben. Luft bekam Kirch erst wieder durch ein Hilfsangebot der HypoVereinsbank, die ihm mehr als eine Milliarde Euro für sein Paket am Axel Springer Verlag zahlen will. Seit diesem Angebot ringen die Banken gemeinsam um ein Konzept zur Lösung der Finanzprobleme der KirchGruppe. (APA/dpa)