BMW

wäre ja Ende der Fünfzigerjahre beinah eingegangen, weil die Nobelkarosse V8 beileibe nicht das war, wonach die Leute in jenen Tagen schrien. Doch dann baute man den 700er - und aufwärts ging's. Jedoch war es auch kein Fehler, sich Mitte der Sechzigerjahre wieder aus der Kleinwagenszene zu verabschieden, weil die Bedürfnisse der Leute damals wuchsen. Und so ergab es sich, dass der BMW 2002 zum Identifikationsmuster wurde, zur Vorlage dessen, was BMW eigentlich ist.

montage: derstandard.at

Und wenn heute BMW so erfolgreich durch den Automarkt kurvt,

hat das sehr viel damit zu tun, dass man aus dem Innersten heraus seit jenen Tagen eine sehr klare Linie verfolgt, einen guten Mix aus Sportlichkeit, Innovation und einem Schuss Noblesse. Genau das, was BMW heute ist, steckte bereits im 2002. Er ist die Urschablone des Erfolgs. Entgegen der verbreiteten Meinung wurde das sportliche Brot-und-Butter-Auto nicht erst mit dem Golf GTI erfunden. Es gab schon etliche scharf gemachte Autos, und da waren echte Peinlichkeiten drunter, Ford Escort und Cortina, Opel Kadett und Ascona, am ehesten ernst zu nehmen war da noch die Giulia von Alfa.

montage: derstandard.at

Das Konstruieren von Automobilen und Motoren

war ja ohne Computer ein gewaltiger Kraftakt. Drum ließ man's vor allem bei den US-Konzernen (Ford, GM) lieber gleich bleiben und überarbeitete immer wieder das Alte. Die meisten Motoren dieser Tage stammten in ihren Grundzügen noch aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Hinterradantrieb und Starrachse war Normalzustand. Eine oben liegende Nockenwelle wurde schon als Besonderheit gefeiert. Obwohl: Es war damals schon alles erfunden, Vierventiler, Turbolader, Einspritzpumpe, alles gab's im Prinzip schon.

montage: derstandard.at

Anders bei BMW.

Die Nachkriegskrise war gewissermaßen ein Segen. BMW war einer der wenigen Hersteller, der sich nicht mit Altlasten plagen musste. Mit dem fast überraschenden Erfolg des 700ers konnte man neu beginnen - kompromisslos. Die Geschichte von BMW im heutigen Sinn begann also 1962 mit der Präsentation des Modells 1500, einer viertürigen Limousine - klares Styling, große Fensterflächen, schlank, kräftiger Motor. Der 02er kam 1966 auf den Markt, hieß aber noch nicht so.

montage: derstandard.at

Als Rahmenhandlung für den Auftritt

zog man den 50. Geburtstag des Unternehmens heran. Es handelte sich um eine etwas verkürzte, noch eine Spur schlankere zweitürige Version des bekannten Viertürers. Das erste Modell des Zweitürers hieß hubraumgemäß 1600-2. Doch bald danach rutschte der Zweier direkt in die Typenbezeichnung hinein. Und damit sind wir beim 2002, dessen Typenbezeichnungen weiterhin für Verwirrung sorgten. Da gab es etwa den 2002 ti, aber das i stand nicht für Einspritzanlage, er hatte zwei Doppelvergaser, erst im tii war drinnen, was der Name suggeriert.

foto: derstandard.at

Fahrgefühl und -verhalten des 2002er tii waren grandios.

Die Limousinen von damals hatten das Gewicht eines Kleinwagens von heute, also um die 1000 Kilo, nicht mehr. Die 130 PS des 2002 tii hatten da schon was zu reden. Nach heutigen Gewohnheiten wäre dieses Auto zwar eine Heckschleuder.

montage: derstandard.at

Die Dreieckslenker-Hinterachse

und die solide McPherson-Vorderachse brachten jedoch präzise Fortbewegung, sodass auch eine starrachsige Alfa Giulia antiquiert wirkte, von erhitzen Ford Cortinas oder aufgeplusterten Opels ganz zu schweigen.

montage: derstandard.at

Die Hinterachse

wurde übrigens auch in die nachfolgende Dreierreihe übernommen. Und Sie verschwand erst kürzlich ganz vom Markt, als der Dreier-Compact erneuert wurde. Apropos Compact: Auch vom 2002er gab's eine Version mit schräger Heckklappe, im Design ein bisserl verunglückt, verkaufte sich der Touring ganz tapfer. Die aufkommende Spaßgeneration wollte ja nicht nur flott Auto fahren, sondern auch Ski, Surfbrett und Taucheranzug mitnehmen.

montage: derstandard.at

Delikatesse:

der 2002 Turbo. 170 PS war ja schon einiges in den 70ern. Aber dann noch dieser Turbo, der zuschlagen konnte, dass der Begriff "verheerend" nicht ausreicht. Die Beliebtheit des 2002ers wurde bestätigt, indem er noch jahrelang parallel zur Dreier-Reihe als Einsteigermodell, als 1502, produziert wurde. (Rudolf Scarics, AUTOMOBIL 8.2.2002)

INFO

Der 02er: "In Österreich stark überteuert"
Laut 02er-Club sind die alten BMW in Deutschland um ein Drittel günstiger zu haben

montage: derstandard.at