Brüssel - Der internationale Bosnien-Beauftragte Wolfgang Petritsch hat sich am Montag während eines Treffens mit den EU-Außenministern in Brüssel erneut für eine baldige Festnahme von Ratko Mladic und Radovan Karadzic ausgesprochen. Der frühere bosnisch-serbische General und der politische Kopf der bosnischen Serben werden vom UNO-Tribunal in Den Haag wegen Kriegsverbrechen im Bosnien-Konflikt gesucht. Beide Männer müssten "jetzt und sofort" gefangen genommen und nach Den Haag überstellt werden, forderte der Diplomat mit Blick auf den laufenden Prozess gegen den früheren Präsidenten Jugoslawiens, Slobodan Milosevic. Dies wäre ein wichtiger Beitrag zur Herstellung von Recht und Ordnung, sagte Petrisch. Das diesbezügliche Zögern einiger westlicher Staaten nannte er "bedauerlich". Der österreichische Diplomat räumte allerdings ein, dass die Verhaftung eine "äußerst gefährliche Operation" sei, weil beide Männer gut bewaffnet und gut geschützt seien. Eine Einladung als Zeuge im Milosevic-Prozess sei bisher noch nicht an ihn ergangen, sagte Petritsch auf entsprechende Anfragen. Weiters sprach sich Petritsch dafür aus, Bosnien längerfristig eine EU-Beitrittsperspektive zu eröffnen. Die EU müsse und könne sich dafür einsetzen. Über den politischen und wirtschaftlichen Wiederaufbau Bosnien-Herzegowinas nach den Balkankriegen zog der Österreicher eine insgesamt positive Bilanz. Zwar werde es noch Jahre brauchen, um aus dem Land ein funktionsfähiges und eigenständiges Staatsgebilde zu machen. Wichtige wirtschaftliche Reformen seien aber bereits auf dem Weg. Bosnien-Herzegowina sei nicht mehr auf Hilfe von außen angewiesen, sondern ziehe inzwischen Investoren an. Die Rückkehr der während des Krieges Vertriebenen hat sich nach Angaben Petritschs in den vergangenen beiden Jahren beschleunigt. Allein 2001 kamen laut UNHCR-Angaben rund 100.000 Flüchtlinge in ihre Heimat zurück. Das entsprach einer Steigerung um 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Insgesamt 830.000 Menschen sind seit dem Ende des Krieges wieder zurück gekehrt, ein Großteil der rund zwei Millionen Flüchtlinge wird in den kommenden zwei Jahren zurück erwartet. Nur etwa 600.000 Menschen hätten sich permanent in anderen Ländern niedergelassen, so Petritsch. Die "Architekten der ethnischen Säuberung" hätten nicht gewonnen, sondern verloren, zeigte sich Petritsch zuversichtlich. Allerdings müsse der Westen eine weitere "Atomisierung" des Balkans stoppen, um neue Krisen zu verhindern. Als Schritt in die richtige Richtung begrüßte Petritsch die Übernahme der Polizei-Mission in Bosnien-Herzegwoina durch die EU. Die EU-Hilfe beim Aufbau eines robusten, multiethnischen Polizeikorps werde Europa in der Region "sichtbarer machen." Petritsch tritt Ende Mai von seinem Posten zurück und wird als österreichischer Botschafter nach Genf wechseln. Als sein Nachfolger ist der Brite Paddy Ashdown im Gespräch.(APA)