Jörg Haider ist die Partei. Das hatte lange Zeit seine Gültigkeit und ist auch heute noch eine Wahrheit. Auch wenn Spitzenrepräsentanten der FPÖ, die diesen Glaubenssatz selbst- ständig gepredigt hatten, das dieser Tage vorsichtiger formulieren: Haider ist ein wesentlicher Bestandteil der Partei, heißt es etwa. Manche meinen sogar, es ginge auch ohne ihn. Tatsache ist aber, dass keiner der jetzigen Funktionäre an seinem Platz sitzen würde, wenn es Haider nicht gäbe und wenn er es so nicht gewollt hätte. Das gilt für die Posten in der Regierung wie für jene im Parlament oder in der Partei. Den Betroffenen ist das wohl bewusst, und das weiß erst recht das einfachste aller Parteimitglieder. Zur Sicherheit hat es Haider bei seinem angekündigten Rücktritt offen ausgesprochen - für den Fall, dass dieses Faktum bei irgendwem in Vergessenheit zu geraten droht.Zur Erinnerung: Der Gast-Kärntner hat die FPÖ seit dem Parteitag 1986 in Innsbruck von 9,7 Prozent zu 26,9 Prozent bei den letzten Nationalratswahlen geführt. Nicht nur das. Er hat das 1986 auch so angesagt. Der Aufstieg der Partei ist ihm nicht passiert, er hat ihn sorgfältig entworfen und umgesetzt. Die Wahlverluste seit dem Regierungseintritt waren zwar vorhersehbar, aber nur bedingt einkalkuliert: minus 4,7 Prozentpunkte in der Steiermark, minus 1,9 im Burgenland und schließlich minus 7,8 in Wien. Das schmerzt. Umfragen weisen der FPÖ derzeit 23 Prozent aus. Nicht gerade ermutigend. Der ehemalige Obmann muss also reagieren. Allein: Man lässt ihn nicht. Ein Großteil der Funktionäre, insbesondere in den Bundesländern, steht zwar hinter ihm, in der Wiener Partie um die Regierungsmannschaft gibt es aber etliche, die sein ständiges Dreinreden schon satt haben. Dazu gehört auch Peter Westenthaler, dem man aus Klagenfurter Sicht unterstellen könnte, er habe sich vom konstruktiven Koalitionsgerede einlullen lassen. Haider geht es aber nicht um die Regierung und deren Arbeit, ihm geht es allein um die Partei. Und sich selbst. Der Kärntner Landeshauptmann steht sich aber selbst im Weg herum. Seine Aufwartung beim irakischen Diktator kam auch bei seiner Gefolgschaft nicht gut an. Da hat er sich offenbar verschätzt. Weder die Verantwortungsträger noch die kleinen Funktionäre haben für das Shakehands mit Saddam Hussein Verständnis. Sie sehen das eher so, wie es Grünen-Chef Alexander Van der Bellen formuliert hat: "durchgeknallt". Mag sein, dass dies mit ein Grund war, warum sich der Landeshauptmann als beleidigte Leberwurst vor die Kamera gesetzt und seinen Rückzug verkündet hat. Das war der zweite Fehler, der beim Parteivolk noch schwerer wiegt: Der Führer hat Schwäche gezeigt und sich selbst ziemlich wehleidig infrage gestellt. Der dritte Fehler innerhalb kürzester Zeit: der Rückzug vom Rückzug. Damit verliert Haider massiv an Glaubwürdigkeit, auch und erst recht innerhalb seiner Partei. Mit ihm geht's nicht, ohne ihn auch nicht. Jörg Haider hat diese Partei gemacht, jetzt stutzt er sie wieder zurück. So oder so. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.2.2002)