Europa
Parteifreund Chiracs gesteht verdeckte Firmenspenden
"Etwa sechs Millionen Franc" - Le Pen nennt Chirac "Prinz der Lügen"
Paris - Erstmals soll der frühere Parteifreund des
französischen Präsidenten Jacques Chirac, Didier Schuller, zugegeben
haben, verdeckte Firmenspenden auf sein Schweizer Konto erhalten zu
haben. "Etwa sechs Millionen Franc" (914.694 Euro/12,59 Mill. S)
seien es gewesen, die von den Firmen Bouygues und SAE in der ersten
Hälfte der 90er Jahre an ihn geflossen seien, sagte Schuller nach
Informationen der Pariser Tageszeitung "Le Monde" (Sonntag-Ausgabe)
dem Untersuchungsrichter. Schuller ist nach siebenjähriger Flucht in
die Karibik seit Anfang Februar wegen massiver Bestechungsvorwürfe in
Haft. Wie zuvor Chirac in einem Fernsehinterview erklärte der
Ex-Politiker der neogaullistischen RPR-Partei in der ersten
Vernehmung seit seiner Rückkehr, solche Formen verdeckter
Parteienfinanzierung etwa für die Erteilung von Bauaufträgen seien
damals an der Tagesordnung gewesen.
"Le Monde" betont, dass Schuller genau die Worte gewählt hat, mit
denen Chirac solche Finanzierung gerechtfertigt hatte. "Ausnahmslos
alle Parteien haben davon gelebt. Es gibt unter den Politikern in
Frankreich nicht einerseits die Korrupten und andererseits die
Tugendhaften." Etwa zwei Monate vor den Präsidentschaftswahlen hatte
Chirac geleugnet, Schuller persönlich zu kennen, obwohl beide
gemeinsam auf Fotos zu sehen sind. Chirac war damals Bürgermeister
von Paris.
"Prinz der Lügen"
Der rechtsradikale Präsidentschaftskandidat Jean-Marie Le Pen hat Amtsinhaber Jacques Chirac der Lüge bezichtigt und zu einem Kreuzzug gegen Betrug und Finanzaffären aufgerufen. Chirac, der ein zweites Mandat anstrebt, sei "ein Prinz der Lügen", der als Präsident der Republik ein Beispiel von Rechtschaffenheit sein sollte, sagte der Vorsitzende der Nationalen Front (FN) am Sonntag in Lyon.
Le Pen, der keine ernsthaften Chancen auf das höchste Staatsamt hat, rief vor seinen Parteianhängern zu einem "Kreuzzug gegen die Lüge" auf. Die Unterschlagungen und Betrügereien der Politiker müssten restlos aufgeklärt werden, rief Le Pen unter dem Beifall der Teilnehmer des Nationalkonvents seiner Partei.
Nach jüngsten Umfragen dürfte Le Pen beim ersten Wahlgang am 21. April etwa zehn Prozent der Stimmen erreichen, in etwa gleich viel wie der populäre frühere Innenminister Jean-Pierre Chev#nement der "Bürgerbewegung (Mouvement des Citoyens). Wichtigster Konkurrent des Bürgerlichen Chirac ist der sozialistische Premierminister Lionel Jospin, der seine Kandidatur noch nicht offiziell angekündigt hat.
(APA)