Tübingen - Im Gelehrten-Streit um die Bedeutung des antiken Troja hat der Althistoriker Frank Kolb am Samstag im überfüllten Tübinger Audimax erneut in Abrede gestellt, dass der sagenumwobene Ort ein Handelszentrum gewesen sei. "Spätbronzezeitliche Handelsbeziehungen spielten bei Troja so gut wie keine Rolle - außer bei Herrn Korfmann", sagte er. Sein Kontrahent, der Archäologe Manfred Korfmann, verficht dagegen die These, dass der Ort eine mächtige Metropole gewesen sei. Die Kontroverse der beiden Professoren hatte im Zusammenhang mit der vielbeachteten Ausstellung "Troia - Traum und Wirklichkeit" immer wieder die Feuilletons beschäftigt. Kolb zählte zahlreiche Bodenschätze und Handwerksgüter auf, die offenbar nicht massenhaft in Troja umgeschlagen worden seien. Es gebe auch keine aussagekräftigen Funde für einen intensiven Austausch mit den Völkern am Schwarzen Meer. "Die Siedlungsstrukturen von Troja hatten keine Ähnlichkeit mit einer Handelsstadt", sagte Kolb. Sie seien vielmehr landwirtschaftsbezogen gewesen. Produktionsstätten hätten nur für den Eigenbedarf bestanden. Und schließlich habe es keinen Trojanischen Krieg um Seeverbindungen gegeben. Am zweiten Tag der öffentlichen Veranstaltung verwies Kolbs Kontrahent Korfmann, der 14 Jahre in Troja Grabungsleiter war, auf Verbreitungskarten über andere Forschungsergebnisse. Danach habe Troja aus europäischer Sicht sehr wohl viele Handelsbeziehungen auch am Schwarzen Meer unterhalten. Die Veranstaltung endet am Nachmittag mit Abschlussstatements der 13 Referenten und einer Podiumsdiskussion.(APA/dpa)