Köln – Mit scharfer Kritik hat der Westdeutsche Rundfunk (WDR) auf den Versuch von Jugoslawiens Ex-Präsident Slobodan Milosevic reagiert, sich mit Hilfe westlicher Fernsehbeiträge gegen die Anklage vor dem Haager UNO-Kriegsverbrechertribunal zu verteidigen. Das Verhalten von Milosevic am Donnerstag vor dem Gerichtshof sei "absurd und dreist", sagte der Chefredakteur des WDR-Fernsehens, Jörg Schönenborn, in Köln. Es gehe nicht an, dass jemand, der "die Menschenrechte mit Füßen getreten habe", sich nun die Möglichkeiten der freien Berichterstattung in Deutschland und einer damit verbundenen kritischen Auseinandersetzung mit Regierungspolitik zunutze machen wolle.

Milosevic hatte am Donnerstag vor dem UNO-Tribunal ein Videoband vorgeführt, das getötete Zivilisten im Kosovo zeigte. Mit dem teilweise aus ARD-Fernsehbeiträgen bestehenden fast einstündigen Video wollte der frühere Staatschef seine Version vom Beginn des Kosovo-Krieges 1999 stützen: Hunderttausende Albaner im Kosovo seien nicht vor Serben, sondern vielmehr vor den NATO-Bombardements geflohen. Das Videomaterial erhielt unter anderem Auszüge aus der am 8. Februar 2001 in der ARD ausgestrahlten Dokumentation "Es begann mit einer Lüge", in der Autoren des WDR-Magazins "Monitor" über angebliche Fälschungen in der Berichterstattung über den Kososvo-Krieg berichteten.

Schönenborn betonte, die Dokumentation der WDR-Journalisten Jo Angerer und Mathias Werth sei "inhaltlich einwandfrei" gewesen. Der Kölner Sender habe in dem seinerzeit umstrittenen Beitrag "keine Fakten zu korrigieren" gehabt. Schönenborn fügte hinzu, bei den in dem Video gezeigten Ausschnitten handle es sich um "illegale Mitschnitte des serbischen Fernsehens". Der WDR habe von den Verantwortlichen für die Ausstrahlung im serbischen TV eine Unterlassungserklärung "gefordert und auch bekommen".(APA/AFP)