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Gleich drei Forschergruppen haben erstmals jene Sensoren bzw. Leitungswege identifiziert, mit denen der Körper Kälte wahrnimmt und an das Gehirn meldet. Zwei Gruppen haben je einen kältespezifischen Ionenkanal gefunden, die dritte zeichnet ein komplexeres Bild mit mehreren unspezifischen Ionenkanälen, die erst im Zusammenwirken Kälte empfinden lassen. Menthol-Frische Wissenschaftler der University of California, San Francisco, haben einen entsprechenden Rezeptor entdeckt, der bei Temperaturen zwischen acht und 28 Grad Celsius eine besondere Aktivität entfaltet. Untersuchungen, wie Sinnesneuronen einen Temperaturabfall erkennen, gelten als besonders schwierig, da sehr viele Zellprozesse dabei mitwirken. Das Team um David Julius von der University of California griffen für die Studie auf Menthol zurück, das auf kälte-empfindliche Nerven den selben Effekt ausübt wie ein Temperaturabfall. Die Forscher entnahmen Gene unbekannter Rezeptoren, die sich an der Oberfläche von Sinnesnervenzellen befinden, und brachten diese in menschliche Nierenzellen ein. Die Nierenzellen produzierten die Rezeptoren anschließend an der Oberfläche. In der Folge wurden sie mit Menthol behandelt. "Kälte- und menthol-empfindlicher Rezeptor" ... Bei einem Rezeptor ging die Rechnung perfekt auf, so die Wissenschaftler. Diesem wurde der Name "kälte- und menthol-empfindlicher Rezeptor" (CMR1) gegeben. Es handelt sich um einen Ionenkanal, der sich in der Anwesenheit von Menthol öffnet und Kalium- bzw. Kalzium-Ionen in die Nervenzelle befördert. Abkühlung bewirkt den selben Effekt. In einer anderen Studie, durchgeführt am Scripps Institute in La Jolla, Kalifornien, identifizierten Forscher einen anderen, möglicherweise den selben, Rezeptor für Kälte. Die Entdeckung eines spezifischen Rezeptors ist für die Wissenschaftler eine Überraschung, vor allem bedingt durch die Schwierigkeiten, die sich in der Erforschung des Mechanismus ergeben. Bei Temperaturen unter null Grad Celsius verstummen die Kältesensoren allerdings. Für die Wahrnehmung extremer Kälte müssten deshalb andere, bisher unbekannte Rezeptoren zuständig sein, vermuten die Forscher. Mit der Entdeckung können die Genetiker nun auch jenes Phänomen erklären, dass man beim Berühren etwa von kalten Metallen Hitze empfinden kann. In einigen Nerven fanden die Forscher Kälte- und Hitzerezeptoren in der gleichen Zelle. Das heißt, das Gehirn, das von solchen Nervenzellen immer die gleichen Signale erhält, kann nicht entscheiden, welcher Rezeptor das Signal ausgelöst hat. Erst durch das Abgleichen mit anderen Informationen erkennt das Gehirn mit der Zeit, ob das Metall kühl oder heiß ist. (pte, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12. 2. 2002)