"Es war beeindruckend. Mir hat es eine richtige Gänsehaut aufgezogen. Und ein bisschen Glanz habe ich auch in den Augen gehabt. Aber nur Glanz." Wenn Fritz Strobl, von Beruf sowohl Skirennläufer als auch Gendarmeriebeamter, das so sagt, dann sind es auch keine Tränen gewesen, die seinen Augen entsprangen, als sie ihm in Salt Lake City die Goldmedaille um den Hals hängten. Strobl, den sie Friedl oder Fritz the Cat und seit neuestem Cool Cat nennen, gewann als sechster Österreicher einen olympischen Abfahrtslauf, und in den Siegerinterviews scherte er insofern aus, als er kundtat, als kleiner Bub nicht davon geträumt zu haben.Strobl (29) ist schon lange im Geschäft. Und immer wieder betont er, dass er nicht aufhören werde, dieses mit den Augen eines Bauernbuben und also bescheiden zu betrachten. Das wird jetzt nicht einfacher werden - die nächsten Jahreseinkünfte werden sich auf zwei bis drei Millionen Euro belaufen. Bierdose statt Medaille Schon einmal hatten sie ihm eine Medaille um den Hals gehängt, aber die wog nicht 20 Unzen wie die von den Winterspielen in Salt Lake City. 1997 war's und in Sestriere: Fritz Strobl mimte den Mitfavoriten für die WM-Abfahrt; in der Schlusskurve, genannt ,Aqua Minerale', kam er vom rechten Weg ab, verpasste die Medaillenränge um das Hundertstel einer Sekunde, was seiner Gelassenheit und seinem Witz überhaupt nicht abträglich war. Seine Freunde schenkten ihm eine zerquetschte Bierdose am Band, Strobl trug sie zwar unter dem Pullover, zeigte sie aber auf Verlangen gerne und nicht ohne selbstironischen Stolz her und sagte: "Mineralwasser - einfach scheußlich. Warum war das keine ,Hirter'-Kurve?" Zahlen lügen nicht Strobl hat in seiner Karriere acht Weltcuprennen gewonnen: sechs Abfahrten - zwei davon auf der Kitzbüheler Streif - und zwei Super-G. 1996 war er nahe dran, wegen unbefriedigender Resultate aus dem Geschäft wegrationalisiert zu werden. Im Nachhinein ist sein Olympiasieg leicht erklärt - Zahlen lügen nämlich nicht, wenn man sie nur richtig reiht: Strobl logiert in Utah gemeinsam mit dem abfahrtsbronzenen Stephan Eberharter in Zimmer 111; bei Olympia 1998 in Nagano wurde er Elfter; und in Snowbasin musste er also zwangsläufig Erster werden. Fritz Strobl kam am 24. August 1972 auf die Welt und wuchs auf dem elterlichen Bauernhof in Gerlamoos in Kärnten auf. Seit er seine Bettina, die Tochter des Bürgermeisters der Tennengauer Gemeinde Adnet geehelicht und ebendort ein Haus gebaut hat, wohnen die Strobls mit den Buben Mario (vier Jahre) und Simon (acht Monate) in Salzburg. Nach seiner sportlichen Karriere wollen sie zurück nach Gerlamoos und den Bauernhof übernehmen. Das Auge dafür hat er. (DER STANDARD-Printausgabe, Dienstag, 12. Februar 2002, Benno Zelsacher)