Wien - Es sei "Tatsache, dass der Straßenhandel mit Heroin und Kokain von illegal nach Österreich eingereisten Afrikanern dominiert wird", daher bedürfe es "drastischer Strafen als Gegengewicht zu den verlockend hohen Gewinnmöglichkeiten des Suchtgifthandels". Was wie eine FPÖ-Publikation klingt, stammt jedoch aus dem Schriftsatz eines Wiener Staatsanwalts, dem fünf Jahre Strafhaft für einen afrikanischen Straßendealer nicht ausreichten - er berief, was einen Advokaten nun den Job kosten könnte.

Der Wiener Rechtsanwalt Markus Petrowsky, der dem mittellosen Angeklagten als unbezahlter Pflichtverteidiger zugeteilt worden war, hielt in seiner Gegenschrift nämlich fest: Die Forderung der Staatsanwaltschaft sei "durch die Sachverhaltsdarstellungen nicht gedeckt, sondern scheint vielmehr der politischen Argumentation einer bestimmten Partei zu ent- stammen". Prompt wurde Anwalt Petrowsky von Erich Wetzer, dem Chef der Wiener Staatsanwälte, beim Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer angezeigt.

Das war bereits im Sommer 2000. Aber erst im Herbst 2001 erfuhr Petrowsky von der Einstellung des Verfahrens. Damit schien die Sache zunächst ausgestanden zu sein: Die Oberstaatsanwaltschaft verzichtete auf einen Einspruch. Dann kam aber doch ein Einspruch - just vom hauseigenen Anwalt der Rechtsanwaltskammer, der in Disziplinarverfahren die Rolle des Anklägers spielt. Und so zittert Petrowsky bis heute: Die Sanktionen reichen von Geldstrafen bis zum Berufsverbot. Das Verfahren ist noch immer nicht abgeschlossen.

Die Strafe für den Dealer wurde übrigens in zweiter Instanz bestätigt.

(DER STANDARD, Printausgabe, 11.2.2002)