Inland
"Haider arbeitet an seinem Comeback"
Analyse der jüngsten Aktivitäten des FPÖ-Altparteichefs
Washington - In einem ausführlichen Bericht befasst sich die
US-amerikanische Tageszeitung "New York Times" (Donnerstagsausgabe)
mit den Perspektiven von FPÖ-Altparteichef Jörg Haider in der
österreichischen Politik. Unter dem Titel "Österreichischer Rechter
arbeitet an seinem Comeback" werden dessen jüngste Aktivitäten wie
das Temelin-Volksbegehren, die Forderung nach Aufhebung der
Benes-Dekrete durch Tschechien, und die "herabwürdigenden" Äußerungen
über Ariel Muzicant und der Ausgang des Rechtsstreits dargestellt.
Der Kärntner Landeshauptmann wolle offenbar seine in letzter Zeit
gesunkenen Umfragewerte vor den nächsten Wahlen wieder in die Höhe
treiben und politisches Profil gewinnen, schreibt die "NYT".Kein Interview von Riess-Passer
FPÖ-Chefin Susanne Riess-Passer habe der "NYT" auf Anfrage kein
Interview gegeben, so die Zeitung. Dafür wurden Journalisten,
Meinungsforscher Peter Ulram, und Haider-Gegner Doron Rabinovici über
ihre Einschätzung von Haiders Perspektiven befragt. "Haider ist kein
Neo-Nazi, sondern ein Post-Nazi", so der Historiker Rabinovici.
Derzeit befinde sich der FPÖ-Politiker in einer echten Krise, weil er
"Regierung und Opposition zur gleichen Zeit" betreibe. Europa bewege
sich nach rechts, und Haider sei noch nicht an seinem Ziel angelangt.
"Ein bisschen psychotisch"
Anneliese Rohrer von der Tageszeitung "Die Presse" sieht Haider
noch immer als einen ehrgeizigen Politiker, der seine Ambitionen auf
das Amt des Bundeskanzlers noch nicht aufgegeben habe. "Er ist ein
bisschen psychotisch, aber clever", wird Rohrer in der "NYT" zitiert.
Haider zeige falsche Entwicklungen auf und übertreibe sie dann, seine
Aussagen hätten aber einen wahren Kern. Wenn Haider eine richtige
"Angst-Kampagne" führe, könne er die ihm (auf die SPÖ) derzeit
fehlenden sieben Prozent bei den nächsten Wahlen erreichen, erwartet
Rohrer. Anders schätzt dies der Meinungsforscher Ulram ein. "Haiders
Kraft nimmt ab", meint Ulram, da der Ex-FPÖ-Chef von der
Unzufriedenheit der Menschen lebe und diese negative Stimmung immer
weniger vorherrsche.
Wiedermobilisierung möglich
Doch auch Herbert Lackner vom Wochenmagazin "profil" sieht die
Möglichkeit, dass Haider in einer Krise seine verlorenen Anhänger
wieder mobilisieren kann. Auch eine europäische Karriere des
FPÖ-Politikers im Zusammenhang mit der von ihm propagierten
Anti-EU-Erweiterungs-Stimmung sei nicht auszuschließen. "Haider sieht
Europa als sein Spielfeld", analysiert Lackner. "Er schafft eine sehr
unangenehme Atmosphäre, und es kostet viel Zeit dagegen anzukämpfen",
meint Kunsthistoriker Dieter Bogner. (APA)