Staat & Justiz
Korinek gegen Reformvorschläge Böhmdorfers
VFGH-Vizepräsident lehnt Offenlegung des Stimmverhaltens und hauptberufliche Richter ab
Wien - Der Vizepräsident des Verfassungsgerichtshofs, Karl
Korinek, ist dagegen, dass Höchstrichter künftig ihr Stimmverhalten
offen legen (dissenting opinion). Auch vertritt er die Meinung, diese
Richter sollten ihr Amt nicht hauptberuflich ausüben, weil sonst
eine "abgehobene Kaste" ohne Praxiserfahrung entstehen könnte. Im
Radio-Morgenjournal am Freitag erklärte er, das Ende des Jahres frei
werdende Amt des VfGH-Päsidenten "eher nicht" anzustreben. In einem kleinen Raum wie Österreich, "wo jeder jeden irgendwie
zuordnet" wäre bei Offenlegung von verschiedenen Stimmverhalten die
Unabhängigkeit beeinträchtigt, auch würde das zu einer stärkeren
Politisierung des Gerichtshofes führen, meinte Korinek. Zum Einwand
von Justizminister Dieter Böhmdorfer, auch Einzelrichter müssten ihr
Urteil begründen, gab Korinek zu bedenken, dass diese "weniger heikle
Materien" zu entscheiden hätten.
Es gibt keine Fraktionssitzungen
Es gebe keine Fraktionssitzungen im Verfassungsgerichtshof stellte Korinek Freitag Abend in einer
Aussendung klar. Er reagierte damit auf den Vorwurf von
Justizminister Dieter Böhmdorfer (F), der erklärt hatte, er vermisse
eine Klarstellung Korineks zu diesem Thema. Der VfGH-Präsident hielt
dazu nun in der Aussendung fest, er sei allfälligen
Fraktionssitzungen in einem Interview mit dem ORF-Hörfunk auch
befragt worden und habe klar gesagt, dass es solche nicht gebe.
Dieser Teil des Interviews sei aber "offenkundig nicht gesendet
worden".
Selbstverständlich komme es auch außerhalb von Sitzungen immer
wieder zu Gesprächen zwischen Richtern, und zwar sowohl zwischen
Richtern ähnlicher, wie auch unterschiedlicher
gesellschaftspolitischer Orientierung, so Korinek. Von
fraktionsinternen Vorbesprechungen könne aber keine Rede sein. Das
sei schon insofern nicht möglich, weil der Verlauf der Beratungen im
Gerichtshof zu den einzelnen Rechtsfällen im Vorhinein gar nicht
absehbar sei. Sollte es wirklich Fraktionssitzungen geben, von denen
er nichts wisse, wären sie jedenfalls "völlig ineffizient", denn in
der Praxis sei "ein fraktionelles Stimmverhalten in keiner Weise
feststellbar".(APA)