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Wien - Tausche einen Feiertag gegen höhere Unternehmensbeiträge zur Krankenversicherung: Das wäre ein mögliches Gegengeschäft zwischen Arbeitnehmern und Dienstgebern zur breiteren Finanzierung der defizitären Krankenkassen, das Christoph Badelt, Professor für Sozialpolitik an der WU Wien, im Standard- Gespräch vorschlägt. Badelt fordert endlich eine wirkliche Grundsatzreform des Gesundheitswesens, bei der er sich "ohne weiteres vorstellen kann, dass verschiedene Belastungen der Unternehmen gegeneinander abgetauscht werden". Wer wolle, dass auch wertschöpfungsbezogene Komponenten (z.B. Gewinne, nicht nur Löhne wie bisher) in die Berechnung der Krankenbeiträge einbezogen werden, müsse die Betriebe auch entlasten. Was ja schon gemacht wurde, etwa die Reduktion der Urlaubsansprüche bei kurzfristiger Beschäftigung. "Wenn ich an einer Front ein bisschen Entlastung schaffe, könnte ich an einer anderen auch wieder eine neue Belastung schaffen", meint Badelt, der seine Vorschläge nicht als Beschneidung von Arbeitnehmerrechten missverstanden sehen will. Ihm als Sozialpolitiker gehe es, so Badelt, darum, die größten Benachteiligungen auszugleichen. Ein chronisch Kranker sei für ihn "schutzwürdiger als ein gut verdienender Angestellter, der auch hohe Sozialkosten verursacht". Belastung der Unternehmen kalkulieren Für die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe - wie sie jüngst durch ÖGB und Sozialminister Herbert Haupt, der sich aber tags darauf wieder davon distanzierte, angeregt wurde - "spricht von der Logik eines Sozialversicherungssystems sehr viel", sagt Badelt. "Man muss das aber auch mit Blick auf die Belastung der Unternehmen sehen. Nur in Österreich die Wertschöpfungsabgabe einzuführen und sonst passiert nichts, würde die Wirtschaft in einer heiklen Phase belasten, was gesamtwirtschaftlich problematisch wäre", warnt Badelt. Dass es für das Gesundheits- und das Sozialsystem "mehr Geld geben muss", ist für Badelt klar. "Jeder Experte weiß, die Vollversorgung auf Staatskosten ist langfristig nicht aufrechtzuerhalten, wenn nicht mehr Geld ins Gesundheitssystem fließt." Kurzfristig würde Badelt zur Kassensanierung "an verschiedenen Schrauben ganz gering drehen: Ein bisschen mehr Steuermittel hineinfließen lassen, ein bisschen höhere Beiträge, aber so dosiert, dass die Einzelwirkungen auf die Lohnnebenkosten nicht so stark spürbar sind."(DerStandard,Print-Ausgabe,5.2.2002)