Kunst
KHM-Generaldirektor Seipel ortet "persönlichen Angriff" von Seiten der Grünen
Scharfe Kritik an parlamentarischer Anfrage
Wien - Über die in der Vorwoche von den Grünen eingebrachten
parlamentarischen Anfragen an Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V)
zur Gebarung des Kunsthistorischen Museums (KHM) mag sich
KHM-Generaldirektor Wilfried Seipel nur noch wundern. "Eine so
schlecht informierte und so schlecht vorbereitete Anfrage, die vor
Unwissenheit, falschen Informationen und Unverfrorenheit strotzt, ist
mir noch nicht untergekommen", meinte Seipel. "Eine kulturpolitische Zielrichtung oder einen inhaltlichen
Beitrag" kann Seipel im grünen Fragenkatalog nicht erkennen, wohl
aber einen "persönlichen Angriff gegen mich". Die Behauptung, dass
dem KHM-Jahresabschluss 1999 der uneingeschränkte Prüfungsvermerk
der damit betrauten Wirtschaftsprüfungskanzlei fehle, "stimmt nicht"
betonte Seipel. "Der Bericht ist mit uneingeschränkten Vermerk
versehen und beim Handelsgericht einsehbar."
Auch die "Unterstellung", das KHM habe für 2000 keine Miete
bezahlt, dafür aber dennoch die entsprechend erhöhte Basisabgeltung
erhalten, wird zurückgewiesen. "Das KHM ist 1999 als erstes
Bundesmuseum in die wirtschaftliche Selbstständigkeit als
wissenschaftliche Anstalt entlassen worden und damit noch vor
In-Kraft-Treten des Bundesmuseumsgesetzes. Es hat daher im Jahr 1999
die Miete von neun Millionen Schilling (654.056 Euro) noch nicht
abgeführt, dafür aber eine entsprechend geringere Basis-Subvention
von 188 Millionen Schilling bekommen. Seit In-Kraft-Treten des
Gesetzes am 1.1. 2000 werden von uns die Mietvorschreibungen des
Wirtschaftsministeriums ordnungsgemäß bezahlt, und wir erhalten dafür
nun die volle Basisfinanzierung von 197 Millionen Schilling, und das
steht auch in der Bilanz."
Auch eine Verknüpfung der Erhöhung des Personalstands mit einem
Rückgang in der Besucherstatistik weist Seipel zurück. "Seit 1995,
seit den Sparpaketen der Regierung, sind 30 Dienstposten im Museum
nicht mehr nachbesetzt worden. Dagegen mussten mit dem Eintritt in
die Selbstständigkeit neue Stabstellen gegründet werden, so ein
Gebäudemanagement - wir haben jetzt ja 80.000 Quadratmeter zu
betreuen -, das die Agenden der Burghauptmannschaft übernehmen muss,
und wir hatten ein eigenes Finanzmanagement aufzubauen. Es ist
wichtig und richtig, dass so ein Unternehmen ein eigenes
Finanzmanagement braucht.", meinte Seipel. Für eine "blöde Rederei"
hält er dagegen Diskussionen, ob dieses von einem zweiten
Geschäftsführer oder von einem mit diesen Agenden betrauten
Prokuristen besorgt werden soll.
Mehr zahlende Besucher, Zahl der freien Eintritte gesenkt
Zu den in den Kulturberichten ausgewiesenen Besucherrückgängen
betont Wilfried Seipel, dass das KHM seit 1999 die Anzahl der freien
Eintritte herabgedrückt habe: 1999 waren es bei den nichtzahlenden
Besuchern um 70.000 weniger, 2000 gegenüber 1998 um 150.000. Als
"Abwärtstrend" könne das aber ganz und gar nicht dargestellt werden,
so Seipel. Denn während die freien Eintritte schrumpften, wäre der
Anteil der zahlenden Besucher von 1999 auf 2000 gestiegen. Und 2001
könne das KHM eine Besuchersteigerung von rund 30 Prozent im
Haupthaus und von rund 18 Prozent in allen Institutionen (von
1.153.092 auf 1,401.562 Besucher) verzeichnen.
Im Vergleich mit den weiteren bedeutenden Bundesmuseen entfielen
laut Seipel damit rund 50 Prozent der Museumsbesucher auf das KHM und
seine Standorte, im Jahr 2001 betrage dieser Anteil gar 55 Prozent.
Die Rekordmarke von 1998 mit 1,6 Millionen Besuchern führt Seipel auf
die Breughel-Ausstellungen zurück, während die Rückgänge im Jahr
darauf aus dem Verzicht auf teure Großprojekte resultierten.
Differenzen zwischen dem letzten Rechnungsabschluss für das KHM
zum 31.12. 1998 und der Eröffnungsbilanz als neue selbstständige
Anstalt per 1.1.1999 - mit unterschiedlichen Bewertungen von
Beteiligungen und des Bestands an Katalogen und Publikationen -
werden von der Leiterin des Rechnungswesens, Gabriele Zugay, mit der
Umstellung von der Kameralistik auf die doppelte Buchhaltung
begründet. Als nachgeordnete Dienststelle hätte das KHM gar keinen
Rechnungsabschluss zum Jahresende 1998 legen können.
"Da der Bund Druckwerke des Museums, wissenschaftliche
Publikationen in den Schriftenreihen des Hauses und Kataloge für
Sonderausstellungen zur Verfügung stellen wollte, hat die
Teilrechtsfähigkeit diesen ureigensten Bereich des Museums
vorfinanziert", betonte Zugay. Der teilrechtsfähige Bereich gehe auch
davon aus, dass das Museum die Bestände abnimmt - und damit auch das
Absatzrisiko und die Abwertungen trägt. Für den Teilrechts-Abschluss
habe also Paragraf 206 des Handelsgesetzbuches mit einer Bewertung
nach den Anschaffungs- bzw. Herstellkosten gegolten, so Zugay. Eine
Abwertung hätte für das KHM vorgenommen werden müssen, was im Rahmen
der kameralistischen Verrechung aber nicht gegangen sei.
Erst mit der Eröffnungsbilanz habe die Abwertung korrekterweise
vorgenommen werden können. Wobei diese mit Stichtag 1.1. 1999 erst am
30.6. aufgestellt wurde. Da wäre man "um einiges schlauer" gewesen,
was die Bewertung des Lipizzaner-Museums (der "Museums Collection
Design- und Vertriebs GesmbH) betrifft, meinte Zugay. Und nach dem
Wertaufhellungsgebot müssten bei Erstellung der Bilanz auch danach
neu hervorgekommene Tatsachen und Erkenntnisse berücksichtigt werden.
Die neue Erkenntnis war, dass die 15 Millionen Schilling
Investitionen für das Lipizzanermuseum und den Shop nicht so schnell
rückfließen würden - daher die Wertminderung, die Zugay als
"temporäre" Maßnahme bezeichnete.
Bei steigenden Besucherzahlen von rund 62.000 im Jahr 2000 auf
73.000 Besucher 2001 könnten die 15 Millionen für das
Lipizzanermuseum nicht als uneinbringbare Fehlinvestition angesehen
werden, und der Bestand der alten Hofapotheke sei damit auch noch
gerettet worden, argumentierte Zugay.
Dass die Eröffnungsbilanz unter dem Titel Sozialkapital 14,324
Millionen Schilling Forderungen an den Bund enthält, wird mit dem
Tauziehen um die Übernahme der sozialen Verpflichtungen für das (zum
Gutteil beamtete) Personal begründet. Seitens des Bundes wurden dafür
zusätzliche Mittel verweigert, akzeptiert wurde jedoch, diese
Forderung in die Eröffnungsbilanz einzuschreiben: "Inzwischen haben
wir dieses Sozialkapital selbst aufgebracht. Der Bund war bereit, uns
zwei Millionen Schilling für Pensionsrückstellungen zu überweisen." (APA)