Europa
"Postnazistisch" statt "postfaschistisch"
Tschechischer Regierungschef Zeman korrigiert sich in seiner Einschätzung über Jörg Haider
Prag - Der tschechische Ministerpräsident Milos Zeman hat
sich gegen den Vorwurf gewehrt, er hätte in seinem umstrittenen
"profil"-Interview die Österreicher im Zusammenhang mit dem
Anti-Temelin-Volksbegehren als "Idioten" bezeichnet. Er habe in dem
Interview des Wiener Nachrichtenmagazins "nur darauf aufmerksam
gemacht, dass die österreichischen Wähler, die diese Petition
unterzeichnet haben, desinformiert waren. Und daran halte ich
selbstverständlich fest, weil das wirkliche Ziel dieser Petition
nicht die Abstimmung gegen Temelin, sondern die Abstimmung gegen die
EU-Mitgliedschaft der Tschechischen Republik war", sagte Zeman im
Gespräch mit der tschechischen Tageszeitung "Pravo"
(Samstag-Ausgabe). Bezüglich seiner "profil"-Äußerungen über die Sudetendeutschen
sagte Zeman, dies sei eine völlig bewusste Reaktion auf die kürzlich
formulierte Forderung der österreichischen
Sudetendeutschen-Organisationen gewesen, die tschechischen Gemeinden
zweisprachig zu kennzeichnen. "Und ich wollte daran erinnern, dass
die Sudetendeutschen keine unschuldigen Kinder waren. Auf der anderen
Seite würde ich nie den Ausdruck "alle Sudetendeutschen" verwenden.
Nie habe ich den Mythos der kollektiven Schuld geteilt. Ich habe über
VIELE Sudetendeutsche gesprochen. Oftmals habe ich dabei jene
Sudetendeutschen geschätzt, die gegen Hitler kämpften", sagte der
tschechische Regierungschef gegenüber "Pravo".
In einem Interview mit einer anderen tschechischen Tageszeitung,
"Mlada fronta Dnes" (Samstag-Ausgabe), äußerte sich Zeman zum
Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (F). Auf die Frage, ob er
(Zeman) einige seiner kritisierten Aussagen zu Österreich oder den
Sudetendeutschen nun nicht bedaure, antwortete der Premier, er würde
jetzt für Haider statt der Formulierung "postfaschistisch" die
Formulierung "postnazistisch" benutzen. "Überzeugt hat mich davon
auch das Verdikt des Wiener Gerichtes, das auf die Klage gegen einen
Politologen reagierte, der Haider als einen Postnazisten bezeichnet
hatte, indem es (das Gericht) diese Klage abgelehnt hat", meinte
Zeman.
Der sozialdemokratische Regierungschef Zeman kritisierte
gleichzeitig die oppositionelle konservative Demokratische
Bürgerpartei (ODS) von Unterhauschef Vaclav Klaus, weil diese zu den
Forderungen der österreichischen Sudetendeutschen nach zweisprachiger
Kennzeichnung der tschechischen Gemeinden geschwiegen habe. "Die ODS
hat den Schwanz eingezogen, sie war bis über die Ohren angemacht und
konnte den Mut nicht finden, sich zu dieser Sache zu äußern", betonte
Zeman gegenüber "Mlada fronta Dnes".(APA)