Das Verfahren um das Verbot der rechtsextremen NPD in Deutschland wird immer mehr zur Farce. Dass die Regierung in dem von Innenminister Otto Schily ausgearbeiteten Antrag an das Bundesverfassungsgericht Aussagen von Zeugen verwendet hat, die bis zu 36 Jahre lang gegen Entgelt für den Verfassungsschutz Informationen geliefert haben, lässt Zweifel am Beweismaterial aufkommen. Dass nicht ausgeschlossen werden kann, ob weitere Spitzeltätigkeiten zum Vorschein kommen, macht das Verfahren zu einer Zeitbombe.Die gegenseitigen Schuldzuweisungen zwischen dem Bund und den Bundesländern, wer nun verabsäumt hat, über den Einsatz dieser so genannten V-Männer zu informieren, helfen nicht weiter. Trotz der berechtigten Kritik an der Vorgangsweise von Innenminister Schily ist nur allzu durchsichtig, dass die Opposition versucht, aus der Fehlleistung im Wahljahr politisches Kapital zu schlagen. Dabei sollte der gemeinsame Wille, der durch die einhellige Verabschiedung des Antrages in Bundestag und Bundesrat zum Ausdruck kam, jetzt erst recht im Vordergrund stehen. Die demokratischen Parteien dürfen sich nicht alleine auf eine Verbotsentscheidung des Höchstgerichts verlassen. Sie müssen die NPD auch politisch bekämpfen. Darauf wird es gerade im Wahlkampf ankommen. Denn durch die Pannen wird das Verbotsverfahren vor Gericht um Monate verzögert, was der NPD ein Antreten bei der Bundestagswahl im September ermöglichen dürfte. Durch das Gezerre um den Verbotsantrag haben Regierung und Opposition gemeinsam genau das erreicht, was sie verhindern wollten: dass sich die NPD aufgewertet fühlen kann. Damit Rechtsextremisten nicht noch weiter profitieren, müsste rasch ein juristisch einwandfreier Antrag eingereicht und der Konsens unter den Parlamentsparteien wieder hergestellt werden. Alles andere nützt nur der NPD. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 2.2.2002)