Wien - Ob Hohe Tauern, Kalkalpen, Thayatal, Neusiedlersee oder Donau-Auen: Mit Beginn der Wandersaison drohen Österreichs Nationalparks, aber auch viele Erholungsgebiete im Umkreis der Städte, von Besuchern überrannt und in ihrem ökologischen Gleichgewicht nachhaltig gestört zu werden. "Das Problem sind weniger die vielen Leute, die anmarschieren, sondern jene Personen, die auf eigene Faust das Abenteuer suchen", sagte Carl Manzano, Direktor des Nationalparks Donau-Auen, in einer Pressekonferenz am Freitag. Notwendig sei, dass man auch hierzulande mehr über die Lenkung von Besucherströmen nachdenke. Rund eine Million Besucher pro Jahr zählt der Nationalpark, der sich von der Wiener Stadtgrenze bis zur Stadtgrenze von Pressburg erstreckt. Der Großteil der Besucher kommt aus der näheren Umgebung. "Die kennen sich gut aus in dem Gebiet und lassen sich anders als Touristen schwer steuern", sagte Manzano. Nach Ansicht von Andreas Muhar vom Institut für Freiraumgestaltung und Landschaftspflege der Universität für Bodenkultur (Boku) ist es ein Glück, dass die Nationalparks von Touristikern nicht aktiv beworben werden. Andernfalls sei damit zu rechnen, dass die im Umkreis eines Nationalparks lebende Bevölkerung "verstärkt in sensible Bereiche ausweicht" - zum Schaden dort nistender Vögel und seltener Pflanzen. Auf Initiative der Boku haben bei einer Tagung Experten aus 34 Ländern über Erholungsnutzung und Naturschutz diskutiert. Dabei habe sich einmal mehr gezeigt, dass in Österreich im internationalen Vergleich Fragen des Besuchermanagements in Erholungsgebieten viel zu wenig Bedeutung beigemessen wird, sagte Muhar. Wenig Wissen Insbesondere in den Nationalparks wüssten die Verwaltungen viel zu wenig über die Bedürfnisse der Erholung Suchenden. Betretungsverbote würden oft so erlassen, dass sie außer viel Ärger seitens der Betroffenen kaum etwas brächten. "Wichtig ist der Dialog mit der Bevölkerung", sagte Muhar. "Verbote bringen wenig, wenn die Akzeptanz nicht gegeben ist." Möglichkeiten der Besuchersteuerung hingegen gebe es sehr wohl, sagte Herbert Weidinger vom Forstamt der Stadt Wien. "Wenn ich den Leuten eine gemähte Wiese als Lagerplatz anbiete, kann ich sie dort halten und sie gehen möglicherweise nicht dorthin, wo eine seltene Orchideenart blüht." (stro/DER STANDARD, Print, 2.2.2002)