Sie ist das genaue Gegenteil ihrer impulsiven Vorgängerin Makiko Tanaka: Sie sei beherrscht, zurückhaltend und ausgewählt freundlich, wird über Yoriko Kawaguchi berichtet. Nie würde Japans neue Außenministerin die Beamten ihres Ressorts coram publico der Korruption bezichtigen. Nie würde sie die Contenance verlieren und wie Makiko Tanaka im Parlament weinen. Die 61-Jährige hat sich den Habitus der Karrierebeamtin erhalten - auch als Politikerin. Der damalige Premier Yoshiro Mori machte die gebürtige Tokioterin im Sommer 2000 zur Chefin der japanischen Umweltagentur; einer Behörde, die wenige Monate später zum Umweltministerium aufgewertet wurde. Als Umweltministerin blieb die fähige Technokratin im Amt, auch als der unpopuläre Mori von seinen Liberaldemokraten (LDP) für immer auf den Golfplatz geschickt wurde. Ihr größter "Erfolg" im Umweltbereich war die Zustimmung Japans zum Kioto-Kompromiss auf der Klimakonferenz in Bonn im Sommer 2001 - obwohl die USA das Abkommen boykottierten. Jetzt übernimmt die parteifreie Kawaguchi das Außenministerium. Auch deswegen, weil Premier Junichiro Koizumi nach der Absage der ehemaligen UN-Flüchtlings- kommissarin Sadako Ogata niemand Besseren als seine loyale Umweltministerin auftreiben konnte. "Unter diesen Umständen war sie die nächstliegende Lösung", ließ Koizumi ausrichten. Kawaguchis Karriere kehrt damit noch einmal zu dem zurück, was sie studiert hat: 1965 ging sie mit einem Diplom für Internationale Beziehungen von der Tokioter Universität ab und trat ins mythenumrankte Außenhandels-und Industrieministerium Miti (Ministry of International Trade and Industry) ein. Dem Haus blieb die Elitebeamtin über 28 Jahre verbunden: 1975 erwarb sie zwischendurch ein Wirtschaftsdiplom der Yale-Universität und arbeitete Anfang der 90er-Jahre eine Zeit lang als ranghohe Diplomatin an der japanischen US-Botschaft. Immer hat sie sich dabei für Umweltfragen stark gemacht. 1992 war sie im Miti sogar federführend für globale Umweltfragen zuständig. Im September 1993 wurde sie als erste Frau Managerin der größten japanischen Whisky-Brennerei und Brauerei Suntory. Auch dort pflegte sie als Direktorin für Marketing und Kundenbindung ihr grünes Image mit einem Einsatz für das Recycling von Plastikflaschen. Kawaguchi ist mit einem ehemaligen Miti-Beamten verheiratet. Das Paar hat zwei Kinder. Zu den Hobbys der ersten Diplomatin Japans zählen klassische Musik, Wein und Bier. Über eine nähere Beziehung der vormaligen Brennereimanagerin zu Whisky ist - erstaunlicherweise - nichts bekannt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 2./3.2.2002)