Wien - PPL Therapeutics, jenes britische Unternehmen, welches das erste
"Klon-Schaf" geschaffen hat, arbeitet an einer Diabetes-Therapie auf
der Basis von Stammzellen. "Wir versuchen, embryonale Stammzellen von
Mäusen unter Kulturbedingungen dazu zu bringen, sich zu
(Insulin-produzierenden, Anm.) Beta-Zellen zu entwickeln", erklärte
Freitag Nachmittag in Wien beim 2. Internationalen Symposium der
Gesellschaft für Nabelschnurblut-Sammlung, Forschung und
Stammzelltherapien einer der "Väter" von "Dolly", Alan Colman.
Abseits aller sonstigen Fragen sollten alle Formen von Stammzellen
parallel erforscht werden.
Colman berichtete jedenfalls von Ansätzen im Maus-Modell, die viel
versprechend sein könnten: "Zunächst brachten wir nur zehn Prozent
der embryonalen Stammzellen, die wir zu entwickeln versuchen, dazu,
Insulin zu produzieren. Jetzt sind es schon 90 Prozent. Die
Produktionsrate an Insulin ist zwar noch geringer als jene von
Beta-Zellen, doch sie ist schon relativ hoch."
Insgesamt - so der Experte - dürfte für die nächste Zukunft das
"therapeutische Klonen" von menschlichen embryonalen Stammzellen noch
kaum echte Erfolge bringen: "Das Klonen solcher Zellen ist derzeit
noch sehr ineffizient. Wenn man 100 unbefruchtete Eizellen von ihrem
genetischen Inhalt befreit und das Erbgut einer adulten Zelle in sie
einbringt, bekommt man derzeit durchschnittlich 3,4 Zell-Linien mit
dem der gewünschen Qualität." Das lasse eine breite therapeutische
Anwendung derzeit noch ausgesprochen unwahrscheinlich bleiben.
Erfolg oder Misserfolg ...
Doch für den Fachmann und Klon-Pionier aus Edinburgh dürften ganz
andere Techniken und Entwicklungen für Erfolg oder Misserfolg
entscheidend sein: Erstens die Verfahren, mit denen man Stammzellen -
ob von Embryos, aus Nabelschnurblut oder Blut bzw. Knochenmark von
Erwachsenen - in ihrer Entwicklung zu spezialisierteren Zellen
beeinflussen kann.
Zweitens könnten ganz spezifische Qualitäten solcher Stammzellen
von entscheidender Bedeutung für therapeutische Anwendung werden.
Colman: "Stammzellen entfalten offenbar einen therapeutischen Effekt
durch die Reparatur von Gewebe, indem sie an den Ort von Schäden
wandern und dort (körpereigene) Erholungsmechanismen in Gang setzen."
Möglicherweise komme es weniger auf "Reparaturmaterial" als auf den
dadurch ausgelösten Stimulus an.
Wichtig wäre aber auf jeden Fall eine breite Forschung. Der
Wissenschafter: "Man sollte alle Arten von Stammzellen - ob
embryonale, solche aus dem Nabelschnurblut oder adulte - parallel
erforschen."
Notwendigkeit einer interdisziplinären Forschung
Univ.-Prof. DDr. Johannes Huber, Leiter der Abteilung für
Gynäkologische Endokrinologie und Sterilitätsbehandlung sowie
Vorsitzender der österreichischen Bioethik-Kommission, betonte bei
dem Symposium die Notwendigkeit einer interdisziplinären Forschung in
Sachen Stammzellen: "Wenn aus einer Blut- eine Leberzelle wird, ist
das das beste Beispiel für Interdiszipinärität. Hier tun sich
faszinierende Möglichkeiten auf."
Genau so habe auch die Forschung aus allen Bereichen der Medizin
zu arbeiten. Wichtig sei zunächst, die Charakteristika der einzelnen
Stammzell-Arten zu bestimmen, um sich ein ausreichendes Bild machen
zu können.
Wiens Gesundheitsstadträtin und Hämatologin Elisabeth Pittermann
forderte eine Änderung des Fortpflanzungsmedizin-Gesetzes, um auch
das Arbeiten mit embryonalen Stammzellen zu ermöglichen: "Es muss
endlich eine Gesetzesänderung stattfinden. Für mich ist ethisch nicht
nachvollziehbar, wie man von Menschen, die gelebt haben, Organe
entnimmt, aber Zellen von einem Embryo, der noch nie ein
eigenständiges Leben gelebt hat, nicht verwenden darf."
(APA)