Berlin - Fast 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs
werden unter der Nazi-Diktatur verurteilte Homosexuelle und
Wehrmachtsdeserteure in Deutschland voll rehabilitiert. Einen
entsprechenden Gesetzentwurf wollen SPD und Grüne noch im Februar in
den Bundestag einbringen und im Frühjahr verabschieden, wie die
Koalitionsfraktionen am Freitag mitteilten. Damit sollen 50.000
NS-Unrechtsurteile gegen Homosexuelle und rund 22.000 Todesurteile
gegen Deserteure aufgehoben werden.
Mit dem Gesetz soll nach Angaben der Koalition eine Lücke in dem
bereits 1998 in Kraft getretenen NS-Aufhebungsgesetz geschlossen
werden. In der Nazi-Zeit verurteilte Homosexuelle und Deserteure
müssen sich bisher einer Einzelfallprüfung unterziehen, um eine
Rehabilitierung zu erreichen. Diese soll künftig entfallen.
"Späte Gerechtigkeit"
SPD-Rechtsexperte Alfred Hartenbach sagte, mit dem Gesetz werde
den Opfergruppen nach fast sechs Jahrzehnten ihre Ehre zurück
gegeben. Der Grünen-Abgeordnete Volker Beck sprach von einem "großen
Durchbruch". Der Lesben- und Schwulenverband erklärte, die
homosexuellen Opfer der NS-Justiz erführen durch das Gesetz eine
"späte Gerechtigkeit".
FDP, PDS und auch die Landesjustizminister haben nach
Koalitionsangaben bereits Zustimmung signalisiert. Die
CDU/CSU-Bundestagsfraktion habe dagegen Skepsis bezüglich der
Rehabilitierung von Deserteuren angemeldet, hieß es. Im Dezember
vergangenen Jahres hatte der Bundestag einstimmig einem Antrag
zugestimmt, der die jetzt vorgesehene Erweiterung des
NS-Aufhebungsgesetzes einforderte. Der Bundesrat muss dem
Ergänzungsgesetz nicht zustimmen.
(APA/AP)