Canberra - Während eines Treffens zwischen dem australischen Premierminister John Howard und dem afghanischen Interimspremier Hamid Karsai in New York bot die australische Regierung an, Flüchtlinge bei der Heimreise zu unterstützen. Rund 1100 Asylsuchende aus Afghanistan befinden sich derzeit in australischen Internierungslagern. Beim Großteil der Internierten, die sich im Lager Woomera an einem Hungerstreik beteiligt hatten, handelt es sich auch um Afghanis.Howard betonte gegenüber Karsai, die australische Regierung werde ihre harte Asylpolitik nicht aufgeben. Dagegen könne sie "heimkehrwillige" afghanische Staatsbürger, die in den vergangenen Monaten und Jahren als Bootsflüchtlinge nach Australien gekommen waren, bei der Wiederansiedelung unterstützen. Kaum Nachfrage Laut John Young, einem Anwalt, der 160 in Woomera Inhaftierte repräsentiert, wird das Angebot kaum einen seiner Klienten dazu bringen, nach Afghanistan zurückzukehren. Bei den meisten Afghanis, die in Australien Schutz suchen, handelt es sich um Angehörige der Hazara-Volksgruppe. "Die Hazara wurden über Jahre verfolgt", sagte er, "einige der Flüchtlinge sehen die neue Regierung in Afghanistan sowie einzelne Personen in der neuen Regierung als potenzielle Gefahr für sich." Der australische Immigrationsminister Philip Ruddock hatte im Januar die Bearbeitung von Asylanträgen afghanischer Flüchtlinge provisorisch verboten, da diese nach der Niederlage der Taliban-Regierung möglicherweise kein Argument mehr hätten, das sie als politisch Verfolgte ausweist. Diese Entscheidung war einer der Auslöser des Hungerstreiks, an dem sich in den vergangenen zwei Wochen im Lager Woomera mehrere Hundert Internierte beteiligt hatten. Wie berichtet, wurde diese Protestaktion am Dienstag nach Intervention einer Vermittlergruppe abgebrochen. Neue Hungerstreiks Im westaustralischen Internierungslager Curtin dagegen weitete sich eine seit Tagen laufende kleinere Hungerstreikation aus. Anwälten zufolge sind 100 Flüchtlinge daran beteiligt. Weiter südlich, im Lager Port Hedland, verweigern weitere 15 Menschen die Nahrung. Einer Sprecherin des Immigrationsdepartements zufolge ist nicht klar, aus welchem Grund die Situation eskalierte. Seit aber bekannt wurde, unter welchen Umständen Kinder in diesen Lagern leben müssen, mehrt sich auch in der australischen Öffentlichkeit der Protest gegen die Internierung. Immer öfter formieren sich in den Großstädten Demonstrationszüge, die (ebenso wie der Flüchtlingsbeirat der Regierung) vehement die Schließung der Lager fordern. (Urs Wälterlin, DER STANDARD Print-Ausgabe 1.Februar 2002)