Wien - Die Toten Hosen gibt es nun schon seit 20 Jahren. Die Stärke der aktuellen CD "Auswärtsspiel" (JKP/Warner) lässt Spekulationen über einen Abschied der Düsseldorfer Punkrocker ins Leere gehen. "Irgendwann wird Schluss sein - in nicht allzu weiter Ferne. Aber ich mache mir da keine großen Gedanken darüber", so Sänger Campino. "Wenn man unsere Karriere mit einem Fußballspiel vergleicht, sind wir in der 75. Spielminute und führen 3:1. Wenn wir keine großen Fehler machen, brennt da nichts mehr an..." Gezielte Irritation Auf "Auswärtsspiel" gehen die Hosen teils sehr heftig und direkt, teils nachdenklich, aber auch musikalisch wie textlich vielseitig zur Sache. "Wir wollten einerseits zurück zu den rauen Liedern von früher", erklärte Campino. "Zum anderen haben wir Experimente ohne Zensur im Kopf gewagt." Bewusst packte das Quintett "ein paar Ohrenbeißer" zwischen die eingängigeren Songs. "Diese Stücke sollen irritieren." Als Messlatte fungierte bei den Aufnahmen in Spanien und Deutschland das Album "Opium für das Volk". Der unmittelbare Vorgänger "Unsterblich" sei nämlich zwar "schon OK" gewesen, aber man habe "nicht 100 von 100 Punkten" geholt. "Man darf nicht den Fehler machen, zu denken, nur weil Tote Hosen draufsteht, geht es immer gut. Jede Scheibe ist eine neue Prüfung, die entscheidet, ob man weiter im Rennen bleibt. Es gibt nicht viele Fans, die alles verzeihen und bedingungslos treu bleiben. Die haben uns nicht geheiratet, und wir auch nicht sie." Tagebuch Die aktuelle Platte der Toten Hosen, die in Deutschland und Österreich die Spitze der Charts anführt, bezeichnete Campino als "eine Art Tagebuch". Zu den Texten meinte er: "Es ist bereits über alles auf der Welt gesungen worden. Entscheidend ist daher die Perspektive, wie man ein bekanntes Thema so aufbereitet, dass man niemanden nervt." Einige der neuen Stücke hören sich wie eine Bestandsaufnahme an: "Es ist ja nicht selbstverständlich, 20 Jahre dabei zu sein. Der Blick in den Rückspiegel, aber auch nach vorne hat mich natürlich beschäftigt." Stumpfheit Ihr politisches Engagement werden die Toten Hosen genauso wenig aufgeben wie ihren Kampf ums Überleben von Fortuna Düsseldorf (Campino: "Es schaut leider nicht gut aus"): "Die innenpolitischen Themen sind turnusmäßig immer die selben. Mit der ewig gleichen Stumpfheit wird da argumentiert. Ich kann mich darüber genauso aufregen wie früher." Von Sportlern würde sich Campino ein ähnliches Auftreten wünschen: "Wenn Fußballer ganz deutlich sagen würden, dass sie es peinlich finden, wenn schwarze Spieler ausgepfiffen werden, könnte das viel bewegen." (APA)