EU
Deutsche Vertriebene: "Unrechts-Dekrete" vor EU-Beitritten aufheben
Parteien sollen Standpunkt zur Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter darlegen
Berlin - Die deutschen Vertriebenen haben Polen,
Tschechien und Slowenien aufgefordert, die in ihren Ländern noch
geltenden "Unrechts-Dekrete" vor einem EU-Beitritt aufzuheben. Die
deutschen Parteien sollen jetzt erklären, wie sie sich dafür
einsetzen. Die Frage gehört zu "Wahl-Prüfsteinen", die der Bund der
Vertriebenen am Dienstag den Parteien zur Bundestagswahl am 22.
September vorlegte. Die Vorsitzende der Organisation, Erika
Steinbach, sagte in Berlin, die Antworten würden den Mitgliedern für
ihre Wahlentscheidung mit "auf den Weg gegeben". Dabei will der Zusammenschluss der Vertriebenen auch wissen, wie
sich die Parteien zu einer Entschädigung für deutsche Zwangsarbeiter
und zur unbeschränkten Aufnahme von Spätaussiedlern stellen. Gefragt
wird zudem nach einem nationalen Gedenktag für die Opfer der
Vertreibung, dem Erhalt des kulturellen Erbes der Vertriebenen und
der Unterstützung eines Zentrums gegen Vertreibungen in Berlin.
"Tag der Heimat"
Steinbach kündigte an, der ungarische Präsident Ferenc Madl werde
beim nächsten "Tag der Heimat" der Vertriebenen am 1. September in
Berlin die Festrede halten. Dass dieser "Tag der Heimat" am Jahrestag
des deutschen Überfalls auf Polen begangen werde, sei "keine
Provokation", sondern ein Zufall des Kalenders. Dieser Gedenktag
finde immer am ersten September-Wochenende statt.
Steinbach forderte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) auf, bei
seinem im März geplanten Besuch in Prag die Vertreibung der
Sudetendeutschen anzusprechen und sich "schützend" vor sie zu
stellen. Ob der Kanzler diesen Besuch mache, selbst wenn der
tschechische sozialdemokratische Ministerpräsident Milos Zeman seine
schweren Vorwürfe gegen die Sudetendeutschen nicht zurücknehme, müsse
Schröder selbst entscheiden. Der Deutsche Bundestag habe angesichts
dieser Äußerungen Zemans deutlich gemacht, dass ein
Kollektivschuld-Vorwurf nicht hingenommen werde.
Zeman hatte am Montag eine Entschuldigung für seine Äußerungen
abgelehnt, aber anerkannt, dass es Sudetendeutsche gab, die sich
gegen den Nationalsozialismus stellen. Ein "wesentlicher Teil" habe
sich aber 1938 an der Zerschlagung der Tschechoslowakei beteiligt.(APA/dpa)