Nahost
EU könnte Haltung zu Arafat überdenken
Ratsvorsitzender Aznar: Waffenschiff-Affäre hat "Lage kompliziert"
Madrid - Nach den USA will möglicherweise auch die
Europäische Union ihre Haltung zum Palästinenserführer Yasser Arafat
überdenken. Dies kündigte der EU-Ratspräsident und spanische
Ministerpräsident Jose Maria Aznar am Montag in Madrid an. Bei einem
Treffen mit dem den dänischen Regierungschef Anders Fogh Rasmussen,
betonte Aznar zugleich, derzeit erkenne die EU Arafat weiterhin als
ihren Ansprechpartner an. Allerdings machten die Berichte, wonach Vertraute von Arafat in
iranische Waffenlieferungen für die Palästinenser verwickelt gewesen
sein sollen, "die Lage kompliziert". Die EU verfolge die laufenden
Untersuchungen über das von Israel Anfang des Monats im Roten Meer
abgefangene Schiff "Karine A", auf dem sich 50 Tonnen Waffen
befanden, sehr genau. Sie werde gegebenenfalls ihre
Schlussfolgerungen daraus ziehen.
Auch USA überdenken Linie
"Im Augenblick gilt aber noch die Linie, die der EU-Gipfel (im
Dezember) in Laeken bei Brüssel festgelegt hatte", sagte Aznar. Dort
waren die EU-Staats- und Regierungschefs überein gekommen, dass die
EU an Arafat als Gesprächspartner festhält. US-Präsident George W.
Bush hat dem Palästinenserführer vorgeworfen, den Terrorismus zu
fördern. Nach Angaben von US-Außenminister Colin Powell überdenken
die USA ihren Kurs gegenüber Arafat.
Autonomiebehörde weist Angriffe zurück
Die palästinensische Autonomiebehörde hat die Angriffe von
US-Vizepräsident Richard Cheney zurückgewiesen, Arafat sei in die
Waffenschiff-Affäre verwickelt gewesen. Der palästinensische
Chefunterhändler Sajeb Erakat nannte Cheneys Äußerungen
"unannehmbar". Cheney hatte in einem Interview des US-Fernsehsenders
ABC gesagt, es gebe Bewesie für Arafats Beteiligung. Der
Palästinenserpräsident sei somit in eine Affäre unter Beteiligung von
"Terrororganistaionen wie der Hisbollah und Staaten wie Iran"
verstrickt. Die USA machten damit erstmals Arafat direkt für das
Anfang Jänner aufgebrachte Waffenschiff verantwortlich.
Minister Schaath hofft auf Druck Brüssels auf die USA
Die palästinensische Autonomiebehörde hat am
Dienstag die Erklärung der EU-Außenminister begrüßt, die Europäische
Union sehe in Palästinenserpräsident Yasser Arafat weiterhin den
richtigen Partner für Friedensverhandlungen. Die EU-Außenminister
hatten am Montag in Brüssel erklärt, auch Israel brauche Arafat als
Partner.
Der palästinensische Minister für Internationale Beziehungen,
Nabil Schaath, sprach am Dienstag von einem "wichtigen Schritt
angesichts der Eskalation in US-Äußerungen gegen die palästinensische
Autonomiebehörde und Arafat". Er beschrieb die Position der EU in
einem Telefongespräch mit dem palästinensischen Rundfunk als "sehr
fest und klar"."Für sie ist Arafat der einzige legitime Führer, der
Frieden erzielen kann", sagte Schaath. Die EU werde Druck auf die USA
ausüben, eine ausgewogenere Haltung im Nahost-Konflikt einzunehmen.
EU-Erklärung auch Botschaft an Israel
Die EU-Erklärung bedeute auch eine Botschaft an Israel, "dass es
mit der Aggression, Besetzung, Zerstörung der Infrastruktur und
Hausarrest für Arafat nicht weitermachen" könne, meinte Schaath. In
der Stellungnahme der Außenminister zum Nahostkonflikt hieß es, die
Union behalte sich vor, Israel mit Schadenersatzforderungen zu
konfrontieren. Nach Brüsseler Angaben sind durch israelische Angriffe
Projekte der Palästinenser zerstört worden, an deren Finanzierung die
EU insgesamt oder einzelne Mitgliedstaaten mit 17,3 Millionen Euro
beteiligt waren.
(APA/dpa)