Salzburg - Der Münchner Aktionskünstler Wolfram Kastner hat wieder mit den österreichisch Behörden zu tun. Nach den gerichtlichen Auseinandersetzungen um Kastners künstlerische Proteste gegen den alljährlichen Aufmarsch der Kameradschaft IV der Waffen-SS am Salzburger Kommunalfriedhof läuft jetzt ein neues Strafverfahren. Der Vorwurf lautet auf schwere Sachbeschädigung. Wieder ist es eine von Kastners unbequemen Kunstaktionen, welche die Justiz auf den Plan rief.Gemeinsam mit Studenten der Internationalen Sommerakademie hatte der Künstler im August vergangenen Jahres eine von der Landeshauptstadt in Erinnerung an die Salzburger Zeit des Begründers des Zionismus, Theodor Herzl, angebrachte Tafel handschriftlich "ergänzt". "In Salzburg brachte ich einige der glücklichsten Stunden meines Lebens zu", steht auf der Marmortafel in der Altstadt zu lesen. Kastner hat recherchiert und festgestellt, dass dieses Zitat aus Herzls Tagebuch grob verkürzt wurde: "Ich wäre auch gerne in dieser schönen Stadt geblieben, aber als Jude wäre ich nie zur Stellung eines Richters befördert worden", notierte Herzl über sein am Salzburger Landesgericht absolviertes Rechtsreferendariat weiter im Tagebuch. Das Zitat derart sinnentstellend zu verkürzen sei "eine subtile Form von latentem Antisemitismus", befand Kastner und schritt in einer öffentlichen Aktion zur handschriftlichen Vervollständigung des Zitats an der offiziellen Erinnerungstafel. Drei Tage später wurde diese "Rückgabe der unterschlagenen Worte" wieder fein säuberlich übermalt, ein halbes Jahr später ein deutsches Amtsgericht um Amtshilfe und Anhörung ersucht. (neu/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.1.2002)