Wien - Die Rolle von Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider in der Auseinandersetzung mit dem VfGH spielt im Falle des VwGH der Chef der Steuersektion im Finanzministerium, Peter Quantschnigg. In einem Gespräch mit dem STANDARD bezeichnete er das Erkenntnis des VwGH, wonach bei Leasingverträgen das Optionsrecht, das heißt das Recht, das Leasinggut nach Ablauf des Leasingvertrages zu erwerben, ein aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut darstellt, was die Steuerleistung erhöhen würde, als für ihn nicht bindend. Dieses Erkenntnis habe sich auf einen Einzelfall bezogen und könne nicht generalisiert werden. Der Ordinarius für Finanzrecht an der Uni Wien, Werner Doralt, gesteht zwar ein, dass Entscheidungen des VwGH formell nicht bindend sind, bezeichnete die Haltung Quantschniggs gegenüber dem Höchstgericht aber dennoch als einen Skandal. Leasinggesellschaften seien offenbar die Liebkinder des Finanzministeriums, denen großzügig Privilegien eingeräumt würden, argwöhnt er. Der umstrittene VwGH-Entscheid im Detail: Ein Arzt (Einnahmen-Ausgaben-Rechner) schloss einen Vollamortisationsvertrag mit einer Laufzeit von drei Jahren für einen Pkw mit einem Anschaffungspreis von 420.000 S (30.523 Euro) ab. Als monatliche Leasingrate wurde ein Betrag von 13.510 S vereinbart. Nach drei Jahren hatte der Arzt Leasingraten von insgesamt 486.360 S bezahlt, die er als Betriebsausgaben steuermindernd geltend machte. Am Ende der Laufzeit übertrug er seiner Frau das Optionsrecht, den Pkw für 14.905 S zu kaufen. Zu diesem Zeitpunkt betrug der Verkehrswert des Autos 169.000 S. Dem Betrieb des Arztes, so der VwGH, sei damit ein Wertzuwachs von 154.095 S (Differenz zwischen Kaufpreis und Verkehrswert) entzogen worden und dieser Betrag damit vorerst steuerfrei geblieben. Rekurs des Arztes Der VwGH gab in diesem Fall der Finanzverwaltung Recht, die ein Optionsrecht aktivierte, womit nur ein Teil der monatlichen Leasingrate steuerlich als Betriebsausgabe anerkannt wurde, was auch der Grund dafür war, dass der Arzt gegen diesen Bescheid Rekurs einlegte, womit der Fall bis zum Höchstgericht ging. Doralt geht nun davon aus, dass dieses Erkenntnis erhebliche Auswirkungen auf das gesamte Leasinggeschäft haben müsste. Quantschnigg widerspricht dieser Ansicht nicht, meint aber, dass die Finanzverwaltung trotzdem auch in Zukunft nicht auf die Aktivierung des Optionsrechts bestehen werde. In den Richtlinien zum Einkommensteuergesetz seien ausreichende Grenzen für die steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten festgehalten, die jeden Missbrauch verhindern würden. Eine Verallgemeinerung des konkreten Einzelfalls, auf den sich das VwGH-Erkenntnis bezogen habe, würde die grundsätzliche Frage von Aktivierungen in Steuerbilanzen aufwerfen, womit das gesamte Steuersystem weit über das Leasinggeschäft hinaus umgemodelt werden müsste. Unterstützung erhält Quantschnigg vom Präsidenten des Leasingverbandes, Friedrich Primetzhofer, der darauf verwies, dass Vollamortisationsverträge wie in dem konkreten, bereits mehrere Jahre zurückliegenden Fall heute kaum noch abgeschlossen würden. In der Regel entspreche der Kaufpreis bei Ausübung des Optionsrechts dem Schätzwert. Eine Aktivierung des Optionsrechts sei auch deshalb unlogisch, weil die Möglichkeit bestehe, dass ein Leasingnehmer von seinem Optionsrecht gar nicht Gebrauch mache. (Günter Baburek, Der Standard, Printausgabe, 28.01.02)