Warschau/Lodz - Bis zur Aufklärung des Klinik-Skandals im polnischen Lodz müssen die Ermittler noch etwa 5.000 Todesfälle untersuchen. Um zu beweisen, dass in den vergangenen zehn Jahren Patienten tatsächlich getötet wurden, um Leichen gegen Provisionen an Bestatter zu vermitteln, könnten noch Monate vergehen, erklärten die Behörden. Bisher haben Polizei und Staatsanwaltschaft konkrete Hinweise, dass das potenziell tödliche Medikament Pavulon in Rettungswagen einer Unfallstation verdächtig oft verwendet wurde. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft müssen etwa 2.500 Zeugen verhört werden, auch die Exhumierung Verstorbener gilt als wahrscheinlich. Bereits am Freitag hatten die Ermittler herausgefunden, dass in zwei Rettungswagen überdurchschnittlich oft Pavulon, das mit dem Pfeilgift Curare verwandt ist, bei Patienten eingesetzt wurde. Allein im vergangenen Jahr seien in der Lodzer Unfallstation und ihren Krankenwagen 300 Ampullen des Medikaments verbraucht worden. Die Unfallstation in der polnischen Hauptstadt Warschau, die wesentlich mehr Patienten betreut, verbrauchte im gleichen Zeitraum lediglich 90 Ampullen. Mehrere Notärzte der Unfallstation in Lodz nahmen am Samstag Urlaub, um nicht in Krankenwagen Dienst machen zu müssen, einige reichten die Entlassung ein. Nach Angaben des Verbands des polnischen Rettungswesens wollten sie nicht "ihre Gesichter zeigen und sich als Mörder beschimpfen lassen". Ihre Aufgaben wurden von anderen Ärzten übernommen. Die Mitarbeiter des Rettungswesens klagten über Aggressionen und Beschimpfungen, seit durch Zeitungsberichte bekannt wurde, dass sich einige ihrer Kollegen auf Absprachen mit Bestattungsunternehmen eingelassen hatten. Gegen eine Provision von 1200 bis 1800 Zloty (333 bis 500 Euro) übten sie Druck auf die Angehörigen verstorbener Patienten aus, damit diese ein bestimmtes Unternehmen mit der Beerdigung beauftragten. (APA/dpa)