Wien - Ungewöhnliches erlebten die Gläubigen, die sich am 25. März 2001 in einer Kirche in Wien-Mariahilf zur Frühmesse eingefunden hatten. Noch ehe der Gottesdienst begann, torkelten zwei Männer beim Tor hinein, unterhielten sich lautstark, zündeten sich Zigaretten an, und einer von ihnen "stürmte" plötzlich den Volksaltar, ergriff das aufgeschlagene Messbuch, las daraus vor, kommentierte die Textstellen und hielt anschließend eine Art Predigt, worauf ihm sein Begleiter heftig applaudierte. Heute, folgte das gerichtliche Nachspiel. Dabei präsentierte sich der "Prediger", ein 33 Jahre alter Grafiker, im Wiener Landesgericht äußerst wortkarg. Sein Verteidiger beantragte gar, die Öffentlichkeit möge ausgeschlossen werden: "Das ist ein Problem der Sittlichkeit!" Offensichtlich war es seinem Mandanten unangenehm, vor Pressevertretern eingestehen zu müssen, beim Eingang zur Taufkapelle auch noch die Notdurft verrichtet zu haben. Keine Relikte der Notdurft gefunden Letzteres stritt der Beschuldigte daher auch prompt ab. Sein Verteidiger bemerkte, die von geschockten Gläubigen alarmierte Polizei hätte am angeblichen Tatort auch keine "offensichtlichen Relikte eines körperlichen Produkts" gefunden. Die theologisch nicht wirklich fundierte Ansprache, die sein Mandant nach einer durchzechten Nacht an die Versammelten gerichtet hatte, fand der Anwalt nicht weiter schlimm: "In modernen Messen halten Laien ja auch den Wortgottesdienst." Unfug kostete 48.000 Schilling Dessen ungeachtet wurde der Mann wegen Störung einer Religionsübung zu einer unbedingten Geldstrafe von 48.000 Schilling (3.488 Euro) verurteilt. "Sie haben auf eine Weise Unfug getrieben, die geeignet war, ein berechtigtes Ärgernis zu erregen", hieß es in der Begründung des Richtersenats. Der Mittäter, der sich vergleichsweise zurück gehalten hatte, kam mit einer - ebenfalls unbedingten - Buße von 4.000 Schilling (291 Euro) davon. Die Urteile sind rechtskräftig.(APA)