Belgrad - Der frühere jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic dürfte auf Anraten seiner Frau Mira Markovic im Mai 1999 den größten Fehler seiner politischen Laufbahn begangen haben. Dies behauptet der einstige Berater Milosevics, Zoran Lilic in einem Interview mit der Zeitschrift "Vreme" am Donnerstag. Darin beschreibt Lilic den Inhalt seiner Geheimverhandlungen mit dem deutschen Altbundeskanzler Helmut Kohl am 3. Mai 1999. Hätte Milosevic den Friedensplan Kohls akzeptiert, wären die damals seit fünf Wochen anhaltenden NATO-Luftangriffe auf Jugoslawien eingestellt worden. Laut Lilic hätte der Plan die Stationierung von UNO-Truppen im Kosovo vorgesehen, deren Herkunftsländer Belgrad hätte mitbestimmen dürfen. Auch wäre ein 12.000 Mann starkes Kontingent jugoslawischer Sicherheitskräfte im Kosovo verblieben. Im fünf Wochen später von Milosevic akzeptierten Friedensplan war ein solches Angebot nicht mehr enthalten. "Wir haben in Bonn eine 48-Stunden-Frist für die Antwort bekommen... Es hatte keinen Grund gegeben, wenigstens nicht zu versuchen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Milosevic aus persönlicher Eitelkeit darauf verzichtet hatte. Auf jeden Fall hatte der 'Hausrat' einen der falschesten Beschlüsse für das Schicksal des Landes gefasst", wird Lilic in "Vreme" zitiert. Nach Angaben von Lilic hatte Milosevic den Plan zunächst als "im Grunde gut" befunden, um am nächsten Tag (augenscheinlich nach Beratung mit seiner Ehefrau Mira Markovic) eine ganz andere Stellung einzunehmen. Er sei sicher, dass Milosevic im Gefängnis häufig diese versäumte Chance in Erinnerung habe, meint nun Lilic. Berater des ex-Präsidenten hätten mit Kohl auch die negativen Auswirkungen einer bereits drohenden Anklage des UNO-Kriegsverbrechertribunals gegen Milosevic besprochen. "Er (Kohl) hatte Verständnis dafür bekundet. Ich sollte Milosevic ausrichten, wie er (Altbundeskanzler) persönlich alles unternehmen werde, um die negativen Auswirkungen zu vermeiden und diese Drohung (Anklage) von der Tagesordnung zu beseitigen" behauptet Lilic. Milosevic war zusammen mit weiteren vier Mitarbeitern am 30. Mai desselben Jahres wegen Kriegsverbrechen im Kosovo angeklagt worden. Die NATO-Luftangriffe hatten nach der Ablehnung des Friedensplans von Kohl noch rund einen Monat lang gedauert. (APA)