Apropos Wahljahr: Die Unionsparteien wittern ihre Chance, aufgrund der Verfahrensblamage einen der wichtigsten Männer aus dem Team von Bundeskanzler Gerhard Schröder herauszukegeln. Innenminister Otto Schily hatte bei dem gemeinsamen Verbotsantrag von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung die Federführung, Pannen fallen also zuerst auf ihn zurück. Für Schröder ist das ein Problem, denn Schily deckt für ihn im Wahlkampf den Bereich "law and order" ab. Ohne den Münchner Anwalt könnte die SPD dem Gegenkandidaten und Sicherheitsstaats-Saubermann Edmund Stoiber kaum Paroli bieten.
Dennoch waren die Reaktionen der Union am Mittwoch doch eher erratisch: Bayerns CSU-Innenminister Günther Beckstein nahm Schily zuerst noch in Schutz. Erst am Nachmittag kamen dann aus den Reihen der CDU Rücktrittsforderungen. So unkoordiniert gewinnt man natürlich auch keine Wahlen.
Über die Parteipolitik hinaus hat die Affäre zwei Dinge gezeigt: Wie wichtig es ist, dass sich der Staat im Kampf gegen seine Feinde penibel genau ans Recht hält. Und wie unerlässlich es ist, Geheimdienste immer intensivster politischer und juristischer Kontrolle zu unterstellen. Beim neuen Antiterrorpaket der deutschen Bundesregierung ist dies zu kurz gekommen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 24.1.2002)