Bei seinem ersten Auftritt schickte Michael Spreng nach wenigen Sätzen Edmund Stoiber und Angela Merkel vom Podium mit den Worten: "Ich will nicht so wichtige Leute aufhalten." Die CDU-Vorsitzende und der CSU-Chef schauten kurz zu dem Zwei-Meter-Hünen auf und taten, wie ihnen geheißen. Sie räumten das Feld, sodass der neue Wahlkampfmanager von Kanzlerkandidat Stoiber die Pressekonferenz alleine bestreiten konnte.Der langjährige Chefredakteur der Bild am Sonntag beantwortete die Fragen der früheren Kollegen kurz und prägnant im bekannten Stil der Boulevardzeitung. Worin seine künftige Aufgabe bestehe? "Zu verhindern, dass Zerrbilder gezeichnet werden. Dass der echte Stoiber zur Geltung kommt. Dass überall, wo Stoiber drauf steht, auch Stoiber drin ist." Sämtliche Interviews würde er koordinieren, kündigte Spreng an, der sich nach elf Jahren als Chefredakteur mit dem Springer-Verlag überworfen hatte und seit dem Vorjahr Medienberater ist. Fragen zu Widersprüchen zwischen CDU und CSU bei der Steuerreform blockte Spreng ab: "Keine politischen Statements, dafür ist das Headquarter zuständig." Zuvor hatte Stoiber erklärt, Spreng "soll sich mit der Beratung des Kandidaten beschäftigen, vor allem mit der Medienpräsenz. Die politischen Entscheidungen fallen im Headquarter". Damit hat Stoiber das Spannungsfeld beschrieben, auf das sich der 53-jährige Journalist einlässt. Er soll Stoibers Wahlkampf organisieren und dessen Stabsstelle in der CDU-Parteizentrale leiten. Dabei wird Spreng jeden seiner Schritte mit dem Headquarter - den Parteichefs und vor allem den beiden Generalsekretären Laurenz Meyer (CDU) und Thomas Goppel (CSU) - absprechen müssen. Auch wenn er künftig in der Parteizentrale ein und aus geht, will Spreng nicht Mitglied werden. Mit 22 Jahren habe er sein CDU-Parteibuch abgegeben. Warum er sich dann für den aus der CSU kommenden Kanzlerkandidaten engagiere? "Ich habe zum ersten Mal die Entscheidung getroffen, mich für einen Politiker zu engagieren, weil ich Stoiber für einen kompetenten Kanzler halte." Als Journalist habe er ihn in langen Gesprächen als "einen der beratungsfähigsten und -willigsten Politiker" kennen gelernt. Gekonnt streute er noch das Bonmot ein, dass er nach stundenlangen Diskussionen mit Stoiber stets "stehend k.o." gewesen sei. Insofern freue er sich "auf die spannende Challenge". Dass er nicht die deutsche Bezeichnung wähle, zeige, dass "wir alle ganz modern sind". Einen Anglizismus bemühte auch der Medienberater von Altkanzler Helmut Kohl im Wahlkampf 1998, Hans-Hermann Tiedje: "Diese Wahl ist spicy", meinte der PR-Profi zur Nominierung Sprengs. "Weil Spreng auch mit Bundeskanzler Gerhard Schröder befreundet ist und ihn gut kennt. Das wird die SPD nervös machen." Probelauf für TV-Duell Doch die SPD hatte vorerst nur Spott für die Entscheidung übrig: Dass sich Stoiber einen Medienprofi holen müsse, sei seit seinem letzten TV-Auftritt klar. Als erster deutscher Bundeskanzler will sich Schröder nach US-Vorbild einer TV-Konfrontation mit seinem Herausforderer stellen. Stoiber und Schröder absolvierten bereits getrennte Probeläufe in Talkshows: Das Fern-Fernsehduell entschied nach Ansicht der TV-Kritiker Schröder für sich - er hatte sich in der ZDF-Sendung "Berlin Mitte" als gelassener Staatsmann präsentiert, während Stoiber in der ARD-Sendung fahrig wirkte. "Verbesserungswürdig" findet denn auch der neue Wahlkampfmanager Spreng die "TV-Performance" Stoibers. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.1.2002)