Inland
Asyl für türkisch-kurdischen Flüchtling - nach zehn Jahren
UBAS beendete mit positivem Bescheid fast endloses Verfahren - "Asyl in Not": Bitterer Beigeschmack
Wien - Am 18. Jänner d.J. gewährte der Unabhängige
Bundesasylsenat (UBAS) dem türkisch-kurdischen Flüchtling T. Asyl.
Das Besondere daran: Sein Verfahren dauerte insgesamt zehn Jahre,
berichtete nun die Flüchtlingshilfsorganisation "Asyl in Not". Herr T. ist Kurde aus der Türkei. Er war Landwirt und Bauarbeiter
in der Provinz Tunceli. Zwei Mal ging er zu Versammlungen einer
linksgerichteten Organisation - oft genug, um den Behörden
aufzufallen, so "Asyl in Not". 1991 übersiedelte er nach Österreich
und erhielt ein Visum - ein Bekannter hatte ihn eingeladen.
Inzwischen wurde er daheim von den türkischen Militärs gesucht.
Ende 1992 flüchtete seine Frau mit vier Kindern nach Österreich.
Sie war in der Heimat seinetwegen einige Male verhört, zuletzt
bewusstlos geschlagen worden. Um die Flucht zu finanzieren, hatte sie
das Vieh verkauft; nur die älteste Tochter blieb zunächst in der
Türkei zurück, berichtete die Organisation.
Abweisungen
Michael Genner, Geschäftsführer von "Asyl in Not", stellte für
Frau T. einen Asylantrag; der wurde vom Bundesasylamt mit der
Begründung abgewiesen, sie sei durch Ungarn gekommen und dort vor
Verfolgung sicher gewesen. Genner ging in die Berufung, auch die
wurde von Innenministerium abgewiesen.
Herrn T.'s Visum lief laut "Asyl in Not" 1993 ab. Auch für ihn
stellte "Asyl in Not" einen Asylantrag, der in zwei Instanzen
abgewiesen wurde. Das Innenministerium begründete dies laut der
Flüchtlingsorganisation unter anderem damit, dass Herr T. als
"Sympathisant einer politischen und dem bewaffneten Kampf
verschriebenen Gruppierung" verfolgt werde - dies sei "eine legitime
strafrechtliche Verfolgung".
Rechtsanwalt Herbert Pochieser brachte laut "Asyl in Not" beide
Verfahren vor den Verwaltungsgerichtshof, der die Bescheide nach zwei
Jahren aufhob. Daraufhin erließ das Innenministerium im Mai 1996
abermals einen abweisenden Bescheid, gegen den Pochieser erneut
Beschwerde an das Höchstgericht erhob. 1995 wurde Herr T. in
Schubhaft genommen und kam nach einer Beschwerde wieder frei.
Die Verfahren liefen weiter. 1999 - kurz nach der Verhaftung des
PKK-Chefs Abdullah Öcalan - stand Herr T. erstmals vor dem
Unabhängigen Bundesasylsenat. Dort hieß es, dass die Verfolgung wegen
der Teilnahme an den beiden politischen Versammlungen sei nicht mehr
aktuell. Genner machte dagegen die Gruppenverfolgung für die
kurdische Bevölkerung geltend. Der Vertreter des UBAS ließ dies durch
einen Vertrauensanwalt der österreichischen Botschaft in der Türkei
überprüfen.
Das dauerte zwei Jahre, so der "Asyl in Not"-Geschäftsführer. Im
Oktober 2001 erklärte der UBAS, dass die Angaben Herrn T.'s über die
Lage in seiner Herkunftsregion für richtig befunden worden, für die
Asylgewährung aber nicht ausreichend seien. Herr T. hatte zu diesem
Zeitpunkt nicht nur Arbeit gefunden, er war auch in der kurdischen
Gemeinde in Wien politisch aktiv - was auch Vertreter der türkischen
Botschaft registrierten.
Das bestätigte ein zur dritten UBAS-Verhandlung am 18. Jänner 2002
als Zeuge geladener Funktionär eines kurdischen Exilvereins. Ein vom
UBAS bestellter Sachverständiger sagte aus, dass Herrn T. bei seiner
Heimkehr in die Türkei Verhaftung und Folter drohe. Daraufhin gab es
den positiven Bescheid.
"Das Herrn T. gewährte Asyl wird nun auf seine Frau und die noch
minderjährigen Kinder zu erstrecken sein", betonte Genner. Das
Verfahren hat laut dem "Asyl in Not"-Geschäftsführer aber einen
"bitteren" Beigeschmack: "Denn natürlich hätte Familie T. schon 1992
- und zwar 'prima facie', ohne weiteres Verfahren - Asyl erhalten
müssen." (APA)