Inland
Latein-Unterricht: Bundesschulsprecher will neue Inhalte
Philosophische Ansätze und Grundstock für Fremdsprache wichtiger als "Auswendig-Lernen von Kriegszügen"
Wien - Offen für eine Reform des Latein-Unterrichts zeigt
sich Bundesschulsprecher Jakob Huber. In kaum einem anderen Fach sei
der Bedarf an Änderungen so hoch. Als besonders wichtig schätze er
die Vermittlung philosophischer Ansätze sowie die Stärkung der
Sprachkompetenz ein, betonte Huber gegenüber der APA. Erst nach einer
Reform könne man eventuell über die Frage der Abschaffung als
Pflichtfach diskutieren. Derzeit stehe die Bundesschülervertretung
einer Abschaffung aber eher negativ gegenüber. Hinter Vorstößen zur Abschaffung Lateins als Pflichtfach ortet
Huber nicht zuletzt auch einen "neoliberalen Ansatz". Kenntnisse aus
dem Lateinunterricht seien nicht unmittelbar beruflich verwertbar,
sondern wirkten "nur" persönlichkeitsbildend. Die Probleme und
Unzufriedenheit vieler Schüler lägen weniger an Latein, sondern an
der Art des Unterrichts und am Benotungssystem. Das Auswendig-Lernen
verschiedener Kriegszüge könne jedenfalls nicht Sinn des
Latein-Unterrichts sein.
Für die Abschaffung Lateins als Pflichtfach spricht sich hingegen
der Vorsitzende der SP-nahen Aktion Kritischer SchülerInnen (AKS),
Niki Kowall, aus. Derzeit sei Latein ein "massives Selektionsmittel".
Viele Schüler müssten Nachhilfe nehmen, so Kowall in einer
Aussendung. Auch die inhaltliche Ausrichtung Lateins sei
problematisch: "Im ersten Schuljahr lernt man schon 25 Synonyme für
Töten, und des öfteren bekommt man den Eindruck von
Kriegsverherrlichung." Endgültig "wegrationalisieren" will auch der
AKS-Chef Latein aber nicht. Als Wahlpflichtfach müsse es weiter
existieren - "die freie Wahl des Bildungswegs heißt auch die freie
Wahl der Fächerzusammenstellung".
Grüne sehen ÖVP "einbetoniert"
"Wieder einmal zurückgepfiffen" hat die ÖVP ihren
Bildungssprecher Werner Amon in der Frage der Zukunft des
Latein-Unterrichts nach Ansicht des Grünen Dieter Brosz. Latein solle
trotz des Vorstoßes Amons, der sich zunächst für die Abschaffung
Lateins als Pflichtfach im Gymnasium ausgesprochen hatte, jetzt doch
verpflichtend erhalten bleiben, bedauerte Brosz in einer Aussendung.
Für die bevorstehende Oberstufenreform lasse dieses "Einbetonieren"
der ÖVP wenig Positives erwarten.
Selbstverständlich solle Latein all jenen offen stehen, die sich
dafür interessieren, argumentierte Brosz. Ein Pflichtfach Latein
werde allerdings weiterhin eine Barriere für weitere Bildungswege
darstellen, die ein zukunftsorientiertes Bildungssystem eigentlich
abbauen sollte, meinte der Grüne. Nicht nachvollziehbar ist für ihn,
weshalb sich ausgerechnet Latein zu einem europäischen
Integrationsfach entwicklen solle. Wenn Schüler sich statt Latein für
eine lebende Fremdsprache entscheiden, so sei dies zu akzeptieren, so
Brosz. (APA)