Der tschechische Premierminister Milos Zeman hat in einem profil- Interview einige wahre Sachen gesagt, die man in Österreich nicht gerne hört. Zum Beispiel, dass die Unterschrift für dieses Volksbegehren ein Votum gegen die Osterweiterung ist. Oder dass jene Sudetendeutschen, die sich in der Zwischenkriegszeit den Nazi angeschlossen haben, an der Zerstörung einer starken Demokratie mitgewirkt haben.

Aber Zeman sieht sich selbst vor allem als Provokateur. Und löst damit in Österreich aus, was Jörg Haiders Attacken knapp vor den "Maßnahmen" der EU-14 vor allem in Frankreich und in Belgien produziert haben: Unverständnis und Empörung.

Der bisherige Höhepunkt ist die zynische Attacke auf die Sudetendeutschen. Man mag (oder muss) sie ob ihrer historischen Rolle kritisieren, aber man kann gleichzeitig ihre Vertreibung, mehr noch den Mord an vielen von ihnen nicht ignorieren. Das hat Zeman auch nicht getan, aber hinzuzusetzen, "wenn sie vertrieben worden sind, war das milder als die Todesstrafe", ist eine Verharmlosung menschlichen Leids, für die sich der tschechische Premierminister entschuldigen sollte.

Mit dem Schlagabtausch zwischen Zeman und Haider ist das Volksbegehren überdies und endgültig das geworden, was es von Anfang an war: ein aus den Fugen der direkten Demokratie geratenes Plebiszit. Vielen Unterschreibern geht es zwar wirklich um die Verhinderung von Atomkraftwerken - in der Tradition von Anti-Zwentendorf. Und da freut sie ganz simpel der große Zulauf. Aber viel weiter gedacht haben sie nicht.

Sie alle (darunter viele prominente Damen und Herren) werden sich deshalb nicht mitverantwortlich fühlen, wenn innenpolitische Turbulenzen die Sacharbeit behindern und wenn eine eventuelle neue Isolation Österreichs in Europa droht. (DER STANDARD, Print vom 21.1.2002)