Wien - "Man wollte Langzeitarbeitslosen eine Brücke bauen. Aber die Brücke ist viel zu kurz und bricht mitten im Fluss ab." Franz Küberl, Chef der Caritas Österreich, spricht von Integra, jenem Projekt, das die schwarz-blaue Regierung vor zwei Jahren einführte und das als "Bürgergeld" oder "Zwangsarbeit" heftige Politdebatten auslöste. Menschen, die schon länger Arbeit suchen, werden dabei ein halbes Jahr bei einem gemeinnützigen Verein beschäftigt und in Kurse geschickt. Sie bekommen um 20 Prozent mehr, als die Notstandshilfe ausmacht, mindestens aber 624,98 Euro oder 8600 Schilling. Die Caritas hatte 26 Integra-Menschen. "Vier von ihnen haben wir danach selber gebraucht. Es war aber unmöglich, die anderen 22 anderswo zu vermitteln", bedauert Küberl. Nur 21 Prozent Die praktischen Erfahrungen des Caritas-Chefs decken sich ziemlich mit der internen Zwischenbilanz im Arbeitsmarktservice, die ähnlich schlecht ausfällt: Zu teuer und wenig wirksam, heißt es darin. Nur 21 Prozent der 678 untersuchten Integra-Teilnehmer im ersten Halbjahr 2001 hätten danach einen Job gefunden. Der große Rest fiel nach diesem halben Jahr in die Arbeitslosigkeit zurück. Die Kosten dafür werden in diesem inoffiziellen Papier pro Kopf mit 32.000 Schilling angegeben und als zu teuer befunden. Eines streicht Küberl mit Vehemenz hervor: "Wir haben gemerkt, dass es eine Unmenge von Arbeitslosen gibt, die arbeiten wollen." Ursprünglich sollte Integra ja ein Instrument sein, um "Arbeitsunwillige" zwangsweise "aus der sozialen Hängematte" (VP-Klubobmann Andreas Khol) zu holen. Bei der Caritas wurden über die Integra-Schiene Akademiker, Bürotechniker oder Wiedereinsteigerinnen mit Arbeit versorgt. "Es zeigt sich, dass einige von ihnen einfach nicht die volle Arbeitsleistung erbringen können". Bei den meisten kommen zur Arbeitslosigkeit weitere Probleme dazu. Wieder andere bräuchten eine ständige Betreuung. "Da müsste man stets dahinter und daneben sein." Frustration Küberl hält es für besonders schlimm, wenn die Betroffenen nach dem halben Jahr merken, dass sie einfach nicht gebraucht würden. "Eine teuer erkaufte Frustration." Aber den Organisationen sei es einfach nicht immer möglich, Jobs zu schaffen."Freilich könnten wir in der Caritas einen Akademiker beschäftigen, um ein Archiv aufzubauen. Aber wer soll das bezahlen?" In Wien wird ein anderes Modell forciert, um Dauerarbeitslose in den Arbeitsmarkt zu integrieren: Das "Trendwerk", ein sozialökonomischer Betrieb, heuert Langzeitarbeitslose an, kümmert sich um ihre Qualifizierung und verleiht sie an andere Betriebe. Der Vorteil für die Arbeitslosen: Anders als bei Integra haben sie länger Zeit, um beruflich wieder Fuß zu fassen. Das Arbeitsmarktservice in Wien hat vor, einen Teil der noch unverplanten Mittel in den Ausbau von Trendwerk zu investieren. (Lydia Ninz, DER STANDARD, Printausgabe 21.1.2002)