Nahost
Israel zerstört Büros des palästinensischen Rundfunks
Palästinenser fordern internationale Sanktionen gegen Israel
Ramallah - Israelische Soldaten haben am Samstag die
Büros des palästinensischen Rundfunks in Ramallah in die Luft
gesprengt. Sie waren zuvor mit rund einem Dutzend Panzern
aufmarschiert und hatten das vierstöckige Gebäude gestürmt, wie
Augenzeugen berichteten. Offenbar sollte damit der Druck auf den
palästinensischen Präsidenten Yasser Arafat erhöht werden, dessen
Sitz von Soldaten umstellt blieb. Wenige Stunden nach der
Militäroperation nahm der Sender Stimme Palästinas den Betrieb wieder
auf. Die Palästinensische Autonomiebehörde forderte nach der
Zerstörung des Hauptgebäudes des palästinensischen Rundfunks und
Fernsehens Sanktionen gegen Israel. Der Einsatz war die israelische Reaktion auf den Angriff eines
Palästinensers auf eine israelische Familienfeier, bei der am
Donnerstag sechs Menschen getötet und 30 verletzt wurden. Der
Generalsekretär des palästinensischen Parlaments, Ahmed Abdel Rahman,
sprach von einem Verbrechen, mit dem Israel die palästinensische
Autonomiebehörde zerstören wolle.
Gebäude wurde geräumt
Das palästinensische Rundfunkgebäude war vor dem Militäreinsatz
geräumt worden, zu einer Konfrontation kam es deshalb nicht. Zunächst
besetzten israelische Soldaten das Gebäude, einige Stunden später
explodierte ein Sprengsatz im Inneren. Die israelischen Streitkräfte
erklärten in einer Stellungnahme, sie hätten vor der Explosion
technische Ausrüstung des Senders beschlagnahmt.
Der Sender Stimme Palästinas zog in die Büroräume einer privaten
Radiostation im Zentrum Ramallahs um, wie der Vorsitzende Radwan Abu
Ayash erklärte. Israel hatte dem Rundfunk wiederholt vorgeworfen, mit
seinen Berichten den Konflikt anzuheizen. Schon zuvor waren
Einrichtungen des palästinensischen Rundfunks im Westjordanland und
im Gazastreifen bombardiert worden. Der Sender erklärte, sein
Programm reflektiere nur die Stimmung in der palästinensischen
Bevölkerung.
Arafat weiter eingeschlossen
Arafats Hauptquartier in Ramallah blieb am Samstag den zweiten Tag
in Folge von Panzern umstellt. Die israelischen Streitkräfte setzten
Planierraupen ein, um eine der vier Zugangsstraßen zu dem
Gebäudekomplex zu blockieren. Fast zwei Dutzend Panzer waren in
Ramallah stationiert.
Die israelischen Soldaten waren am Freitag mit Panzern bis auf 30
Meter an Arafats Haus herangerückt. Rund 4.000 Palästinenser zogen
danach zum Sitz von Arafat, um gegen das israelische Vorgehen zu
protestieren. Sie forderten von der palästinensischen
Autonomiebehörde die Freilassung mutmaßlicher Extremisten. "Verräter,
lasst die politischen Gefangenen frei", rief die Menge. Rund 200
Demonstranten warfen später Steine auf die israelischen Soldaten.(APA/AP/dpa)