Brünn/Wien - Zu Lebzeiten war er unbekannt. Dabei hat er mit
seinen Beobachtungen im Klostergarten die Genetik und alle ihre
"Folgedisziplinen" begründet: Gregor Mendel (1822 bis 1884). Die
Abtei St. Thomas in Brünn wird von Mai 2002 bis Mai 2003 Schauplatz
einer einzigartigen Ausstellung, die sich dem Leben und Werk des
Vaters der klassischen Genetik widmet. Im Garten Augustiner-Klosters
stieß Abt Mendel beim Kreuzen von Erbsen auf die Gesetzmäßigkeiten
der Vererbung gestoßen.
"Eine Hommage an das Genie der Gentechnik, Gregor Mendel, durch
Wissenschaft und Kunst" ist dementsprechend der erste Schwerpunkt
eines engagierten Großprojektes in Brünn. Die Ausstellung wurde von
dem Abt in St. Thomas, Dr. Ing. Lukas Evzen Martinec, initiiert.
International renommierte Kuratoren wurden eingeladen, die Idee zu
realisieren. Mit Martin Kemp, Professor für Kunstgeschichte an der
Universität Oxford in Großbritannien, und Marina Wallace, Lektorin am
englischen Central St. Martin's College für Kunst und Design, fand
man zwei britische Spezialisten, die mit ihrem Unternehmen "Artakt"
Projekte an der Schnittlinie Kunst und Wissenschaft zu verwirklichen
suchen, hieß es am Freitag in einer Aussendung. Dieses Jahr
zeichneten sie zum Beispiel für die viel besprochene Ausstellung
"Spectacular Bodies" in der Hayward Gallery (London) verantwortlich.
Kemp und Wallace erarbeiteten im vergangenen Jahr ein Konzept, das
auch für Brünn eine Gegenüberstellung von historischen Originalen und
Werken zeitgenössischer Kunst vorsieht. Mendels herausragende
Forschungsarbeiten wurden Zeit seines Lebens kaum gewürdigt. Seine
Beobachtungen wurden zwar 1866 zum ersten Mal publiziert, aber erst
1900 wurden seine Entdeckungen auch über die wissenschaftlichen
Labors hinaus bekannt.
Der Zeitpunkt ...
"Es scheint keinen geeigneteren Zeitpunkt zu geben, um die Arbeit
und die Vision Mendels zu würdigen, wo doch heute die Genforschung
zum integrierten Bestandteil unseres Lebens und unserer Zukunft
geworden ist", meint Kemp.
Ein aktuelles Beispiel dafür: Im vergangenen Dezember erhielten
zwei Wissenschafter vom britischen Imperial Cancer Research Fund, Sir
Paul Nurse, einem Trustee des Brünner Projektes, und Tim Hunt für
ihre - natürlich auf Gentechnik beruhenden - revolutionären
Errungenschaften den Nobelpreis verliehen.
Um das Leben von Gregor Mendel und die Ursprünge der Genetik
adäquat nachzeichnen zu können, kooperierten die Ausstellungsmacher
auch mit dem Mendelianum, einem Teil des Mährischen Landesmuseums in
Brünn. "Hier existiert eine atemberaubende Kollektion an Gegenständen
und Dokumenten aus dem Besitz von Gregor Mendel", schwärmt Marina
Wallace über den Reichtum und die Vielfalt der Brünner Sammlung. "Bei
der Ausstellung werden wir Teile der Sammlung zum ersten Mal der
Öffentlichkeit vorführen."
Höhepunkte
Einen weiteren Höhepunkt bildet der Garten des beinahe 700 Jahre
alten Klosters, der eigens für die Ausstellung mit Unterstützung des
Cambridge Botanic Garden und John Innes Center in Norwich
(Großbritannien) restauriert wird. Der Mix von historischem Material,
interaktiven High-Tech-Elementen und aktuellen Kunstwerken soll ein
breites Publikum - jung und alt - ebenso ansprechen wie Fachleute und
Kunstbegeisterte. Wallace: "Mit der Ausstellung möchten wir
erreichen, dass das Publikum das Faszinosum Genetik wiederfindet - so
wie sie vor 150 Jahren entwickelt wurde."
"Für die Abtei in Brünn existieren darüber hinaus langfristige
Pläne", erklärte Kim Nasmyth, Leiter des Forschungsinstitutes für
Molekulare Pathologie (IMP, Wien), der gemeinsam mit dem Wiener
Vereinigung zur Förderung der Genomforschung das gesamte Projekt
koordiniert. "Wir planen nach der Ausstellung im Kloster ein
permanentes Museum für Genetic und ein Konferenzzentrum
einzurichten", so Prof. Nasmyth weiter. "Damit würden wir ein neues
Forum für Schulkinder und die breite Öffentlichkeit schaffen, die
ebenso wie Wissenschafter und Forscher angeregt werden, ethische
Fragen der Genetik neu diskutieren zu können", fügte Univ.-Prof. Dr.
Dieter Schweizer vom Institut für Botanik an der Universität Wien
hinzu.
Das Team genießt bei der Umsetzung des Projektes die volle
Unterstützung des Präsidenten der Tschechischen Republik, Vaclav
Havel, und des Abtes von St. Thomas, Lukas Evzen Martinec. Zur
Verwirklichung des ambitionierten internationalen Projektes müssen
1,622.000 Euro durch Sponsoring aufgebracht werden. (APA)