Finanzen & Börse
Bank Austria empfiehlt 2002 "Doppelstrategie" für Aktienmärkte
Tipp: "Mischung aus Zyklikern und defensiven Werten"
Wien - Zweifel, ob sich die Weltbörsen die
Vorschusslorbeeren, mit denen sie im vierten Quartal bedacht wurden,
auch verdient haben, lassen die Experten der Bank Austria (BA) im
Jahr 2002 eine "Dualstrategie" mit zyklischen und defensiven Aktien
zu fahren. "Es ist eine zu große Wette, nur auf eine Seite zu
setzten", warnte die Chefanalystin der
BA-Vermögensverwaltungsgesellschaft Asset Management, Monika Rosen,
am Freitag vor Journalisten. Es sei fraglich, ob die
Geschäftsausblicke der Unternehmen gut genug seien werden, um die
jüngsten und künftige Kursanstiege zu rechtfertigen. Daher setzt Rosen, die "verhalten optimistisch" auf die weitere
Entwicklung blickt, auf zyklische Werte der Grundstoffindustrie wie
Papier- oder Chemietitel, die von einem Anspringen des
Konjunkturmotors überdurchschnittlich performen sollten. Medientitel
sollten heuer von Großereignissen wie Olympia, der Fußball-WM oder
nicht zuletzt der Kongresswahlen in den USA über vermehrte
Werbeeinnahmen profitieren. Um für den Fall weiterer konjunktureller
Enttäuschungen nicht im Regen zu stehen, sollte man sich ausgewählte
defensive Werte, etwa aus der Pharmaindustrie, ins Depot legen.
Vorsicht bei Tech-Werten
Zu erhöhter Vorsicht rät die BA-Expertin jedoch bei
Technologiewerten, bei denen sie Bewertungen wie zum Höhepunkt der
Spekulationsblase 1999/2000 sieht. Wer sich in diesem Bereich
exponieren wolle, sollte sich auf Marktführer fokussieren oder
interessante Restrukturierungs-Stories beobachten. Die Rally im
vierten Quartal habe gezeigt, dass man Technologie besitzen sollte,
wenn die Märkte ein Erholungsszenario spielten. Seitens der Bewertung
ist die Branche mit einem durchschnittlichen Kurs/Gewinn-Verhältnis
(KGV) von über 60 für den MSCI World Technology Index für Rosen
allerdings bereits "sehr gut bedient".
Auf realwirtschaftlicher Seite scheint die Erholung der
US-Wirtschaft für Rosen zwar unterwegs zu sein, allerdings teilt sie
die Ansicht des US-Notenbankchefs Alan Geenspan, wonach noch
"signifikante Risiken" bestünden. So tendiere zwar mit dem
US-Einkausmanagerindex ISM, früher NAPM, ein Frühindikator zuletzt
wieder nach oben, allerdings befinde er sich nach wie vor in einem
Bereich, der ein Schrumpfen der Geschäftstätigkeit anzeige.
Unterstützung durch Notenbanken
Die Entwicklung des privaten Konsums, für die Aktienexpertin
zuletzt "Held der US-Wirtschaft", könnte nicht zuletzt unter dem
Ansteigen der Arbeitslosigkeit leiden. Zudem seien die
Steuererleichterungen der Bush-Regierung als Einmaleffekt im Vorjahr
zu betrachten. Andererseits ist für Rosen das Konsumentenvertrauen
bisher nicht durch einen befürchteten "Wealth-Effekt durch sinkende
Aktienkurse" beeinträchtigt worden. Die niedrige private Sparneigung
sei in den vergangenen Jahren durch Budgetüberschüsse, also eine hohe
öffentliche Sparquote, kompensiert worden.
Unterstützung können sich die Börsianer laut Rosen durch die
Notenbanken erhoffen. Seitens der Fed scheine Ende Jänner eine
weitere Lockerung der Zinszügel um 25 Basispunkte auf 1,5 Prozent
möglich. Eine Wende im Zinszyklus erwartet die BA-Analystin nicht vor
dem dritten oder vierten Quartal. Die US-Notenbank habe die Zinsen
nie erhöht, bevor es zu einer Entspannung am Arbeitsmarkt gekommen
sei. In Euroland sollte es im ersten Quartal ebenfalls zu einer
weiteren Zinssenkung um wahrscheinlich 25 Basispunkte auf 3 Prozent
kommen, eine Erhöhung sei auf Jahressicht nicht zu erwarten. (APA)