Finanzen & Börse
Geheime Geldvernichtungsaktion
Den Schillingmünzen schlägt in einer Fabrik nahe Wien die Stunde - Schotterschrott bringt zehn Millionen Euro
Wien - Aus den Geldbörseln
der Österreicher sind sie mehr
oder weniger verschwunden.
Dafür haben die Banken Berge
davon gesammelt - und müssen sie nun entsorgen: Mehrere Lkw-Ladungen Schilling-
und Groschenmünzen werden
täglich an die Rampe einer riesigen Lagerhalle bei Wien geliefert. Dort werden die Öschis
"verstaltet", wie die Fachleute sagen. Etwas prosaischer formuliert: Der Schotter wird sortiert und durch zwei so genannte Decoiner gedreht, die
Münzen sehen danach so gewellt aus wie italienische
"Gettoni" (Telefonjetons).Verschrottung rund um die Uhr
In der Fabrik herrscht ein
Höllenlärm: Wöchentlich
werden an die 400 Tonnen
Münzen angeliefert. Mehr als
70 Leute sind zurzeit rund um die Uhr im Verschrottungseinsatz. Der größte Teil der
Metallmarie werde vermutlich im April verstaltet sein,
schätzt Euro-Projektleiter
Thomas Kubaczek von der
Münze Österreich. Dort geht
man davon aus, dass 3,1 bis
3,2 Milliarden Stück im
Nennwert von mehr als vier
Milliarden Schilling zurückkommen werden. Das entspricht einem Gewicht von
rund 10.000 Tonnen und einem Schüttvolumen von etwa
3000 Kubikmetern. Ungefähr
ein Drittel davon sei bereits
geschafft, damit liege man im
Plan, sagt Kubaczek.
Abnehmer der verstalteten
Münzen ist ein großer
Schweizer Buntmetallhändler, der den Schillingschrott
weiterverkauft. Ein- und Fünf-
Groschen-Stücke aus Zink etwa finden als Grundstoff in
der Reifenindustrie Verwendung. Zwei- und Zehn-Groschen-Münzen aus Aluminium können bei der Stahlproduktion beigemischt werden.
"Wiedergeburt"
Aus 50-Groschen- und Ein-
Schilling-Stücken - sie machen den Großteil der Münzen
aus - wird wieder Münzgeld.
Ihre Legierung eignet sich
aber auch für Autobremsleitungen oder seewasserresistente Armaturen an Pipelines.
Fünfer und Zehner werden so
wie die 20-Schilling-Stücke
auch als neue Münzen "wiedergeboren".
Davor leisten aber die Zerstörer ganze Arbeit: Jeder der
beiden Decoiner macht pro Stunde 3000 Kilo Münzen kaputt, insgesamt sind es 100
Tonnen im Tag. Die gewellten
Exemplare werden in so genannten Big Bags gesammelt,
fast mannshohe Säcke aus
Kunststoff, deren Reißfestigkeit staunen lässt: Ihr Inhalt
wiegt bis zu zwei Tonnen.
Zehn Millionen Euro Erlös
Österreich gehöre in Sachen
Altwährungsvernichtung zu den "schnellsten" Euroländern, sagt Kubaczek. Pannen
oder gar Diebstähle seien bisher nicht vorgekommen. Der
Verkauf des Schillingschrotts
soll rund zehn Millionen Euro
bringen - das ist mehr als für
das alte Papiergerstl hereinkommt. Das nämlich landet
geschreddert in der Fernwärme. (APA, chr)