Paris/Wien - Sehr besorgt ist die Journalistenorganisation "Reporter ohne Grenzen" (RSF) über die Entwicklungen in den USA, die seit den Terroranschlägen vom 11. September ebenso wie zahlreiche weitere Länder Sicherheitsmaßnahmen beschlossen haben, welche zu Verletzungen der Pressefreiheit geführt haben oder führen könnten. Die freie Meinungsäußerungen werde eingeschränkt, kritisierte RSF am Montag in einer Aussendung. Zusammen mit der Internationalen Liga für Menschenrechte und "Human Rights Watch" zählt RSF 15 Staaten auf, die die gravierendsten Verletzungen der Menschen- und Bürgerrechte erlauben. Angeführt wird die Liste von den USA. E-mail Überwachung Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice habe an führende US-Medien appelliert, sich an ihre "Verantwortung" in einer Krisensituation zu erinnern. Zur gleichen Zeit habe Präsident George W. Bush bestimmte Abgeordnete vom Informationsfluss ausgeschlossen, mit dem Argument, die Auskünfte könnten an die Presse gelangen und veröffentlicht werden. Vor allem im Internet-Bereich seien Einschränkungen zu verzeichnen; so dürfe das FBI bei sämtlichen großen Internet-Providern mittels E-Mail-Überwachungssystem "Carnivore" alle Informationen, die zwischen Usern zirkulieren, kontrollieren. Das FBI dürfe jeden weltweit verfolgen, der im Internet gegen amerikanische Gesetze verstoße. Mit dem Satz "Wäre ich ein Terrorist, würde ich dieses Flugzeug sprengen" habe sich ein japanischer Tourist Luft gemacht, weil er das Warten am Flughafen von Seattle satt hatte. Dafür riskiere er eine fünfjährige Haftstrafe und eine Geldstrafe von 2000 Dollar, heißt es in der RSF-Aussendung. Gefahr für Quellenschutz In Deutschland, an fünfter Stelle auf der Liste, könnte das "Anti-Terror-Paket" der Regierung zu starken Einschränkungen der Arbeit von Journalisten führen. Die Maßnahmen zur strengen Überwachung der Telekommunikation und des E-Mail-Verkehrs bedrohten den Quellenschutz. "Reporter ohne Grenzen" befürchten außerdem, dass die Regelanfrage beim Verfassungsschutz für Angestellte von Rundfunkanstalten zur Einschüchterung von Journalisten führen könnte. Auch in Großbritannien (Platz 2), Kanada (Platz 3) und Frankreich (Platz 4) seien Gesetze verabschiedet worden, die die Pressefreiheit einschränkten. In Großbritannien brauche die Polizei lediglich die Erlaubnis des Innenministeriums, um bei Providern Nutzerdaten abzufragen. In Kanada sei der Quellenschutz für Journalisten ausgehöhlt worden. Personen, die unter Verdacht stehen, Kontakte zu Terroristen zu unterhalten, können vor Gericht zu einer Aussage gezwungen werden. Sollten sie ihre Informationen nicht preisgeben, droht ihnen eine Haftstrafe bis zu einem Jahr. (APA)