Wirtschaft
Beitritt Tschechiens gut für Österreich
Volkswirtschaftsprofessor Schneider: Budgetentlastungen überkompensieren entstehende Kosten
Linz - Mittel- bis langfristig werde die EU-Osterweiterung
und damit auch der Beitritt Tschechiens ein Wirtschaftswachstum für
Österreich und damit Budgetentlastungen bringen, die die Kosten der
Erweiterung mit großer Wahrscheinlichkeit überkompensieren. Zu diesem
Schluss kommt Universitätsprofessor Friedrich Schneider vom Institut
für Volkswirtschaftslehre der Linzer Johannes Kepler Universität in
einer am Montag veröffentlichten Studie im Auftrag der
Industriellenvereinigung Oberösterreich. Das zur Unterschrift aufliegende Volksbegehren könnte in letzter
Konsequenz dazu führen, dass ein EU-Beitritt Tschechiens auf längere
Sicht nicht möglich wäre, befürchtet die Industriellenvereinigung.
Um fundierte Unterlagen über die daraus resultierenden Konsequenzen
zu bekommen, sei Universitätsprofessor Schneider mit einer
entsprechenden Untersuchung beauftragt worden.
Österreichischer BIP profitiert
Der Volkswirtschaftsexperte stellt in der Studie fest, nach einem
Berechnungsmodell sollte bei einem Beitritt der fünf Staaten Estland,
Polen, Slowenien, Tschechien und Ungarn das österreichische
Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 1,354 Prozent steigen, ohne den
Beitritt Tschechiens nur um zirka ein Prozent. Ein anderes,
konservativeres Berechnungsmodell ergebe einen Anstieg des BIP durch
den Beitritt der fünf Länder um 0,8 Prozent.
Diese Daten speiste Schneider in ein Simulationsmodell zur
Berechnung der Beschäftigungs- und Einkommenseffekte ein. Dazu wurden
außerdem Durchschnittswerte aus den Jahren 1995 bis 1999 und nicht
aus der Zukunft verwendet, um Prognosefehler zu vermeiden.
Wenn nun Tschechien nicht der EU beitrete, würde das
österreichische BIP je nach Rechenmodell zwischen 349 und 577,4 Mill.
Euro weniger betragen. Das würde pro Jahr um 4.354 bis 7.223 weniger
Beschäftigte bedeuten und auch das Volkseinkommen wäre um 221,5 Mill.
bis 367,44 Mill. Euro geringer. Das oberösterreichische BIP würde
zwischen 92,92 Mill. und 56 Mill. Euro weniger betragen. Somit wären
zwischen 701 und 1.162 Personen weniger beschäftigt, und das
Volkseinkommen wäre um 35,65 Mill. bis 59,13 Mill. Euro geringer.
Zahlen wahrscheinlich noch höher
Bei den Ergebnissen handle es sich um Mindestwerte, vermutlich
liegen die realen Zahlen noch höher. Für Tschechien sei der Faktor
zwei anzunehmen. Bei einem Nichtbeitritt Tschechiens könnte es auch
zu einer Verzögerung beim Beitritt anderer Länder kommen. Dann wären
die wirtschaftlichen Auswirkungen noch größer.
Der Universitätsprofessor macht darauf aufmerksam, dass die
EU-Osterweiterung sowohl zu ökonomischen Vorteilen als auch Kosten
führen werde. Die Expertenmeinungen zusammenfassend ist er überzeugt,
"dass mittel- bis langfristig das erweiterungsbedingte
Wirtschaftswachstum Budgetentlastungen bringen wird, welche die
Kosten auf Grund der strukturellen Auswirkungen mit großer
Wahrscheinlichkeit überkompensieren werden".
Wesentlich sei auch, dass die EU-Erweiterung für die EU um so
erfolgreicher sein werde, je besser sie die Wirtschaftsentwicklung
der Beitrittsländer fördere. Ein nachhaltiger Wirtschaftsaufschwung
diene zur langfristigen Stabilität des
demokratisch-marktwirtschaftlichen Systems in diesen Ländern, was
folglich Chancen für die weitere Vertiefung der Handelsbeziehungen
und die Profitabilität des in diesen Ländern investierten Kapitals
bedeute. Dies führe zu einem grundsätzlichen Interessensgleichklang
zwischen den derzeitigen Beitrittskandidaten und den
EU-Mitgliedstaaten. Vor allem für Österreich als Land, welches mit
einem Teil der Beitrittskandidaten gemeinsame Grenzen, gemeinsame
historische Wurzeln und intensive Wirtschaftsbeziehungen habe, treffe
dies in noch stärkerem Ausmaß als für die EU insgesamt zu, stellt
Schneider in seiner Studie fest.(APA)