Netzpolitik
Abhängig von Chat und Moorhuhn-Jagd
Zwei Beispiele von ÖsterreicherInnen, die medizinische Hilfe gegen ihre Internet-Abhängigkeit benötigten
Sie mussten medizinische Hilfe in Anspruch nehmen,
weil sie vom Internet nicht mehr los kamen und davon abhängig wurden.
- Zwei Beispiele aus der Praxis, wie sie der Wiener Experte Dr.
Hubert Poppe am Wochenende bei einem Sucht-Symposium in Wien
vorstellte: Beim ersten Fall handelte es sich um eine 52 Jahre alte Sekretärin
mit zwei erwachsenen Kindern, die allein lebte. Zugang zum Internet
hatte sie in Beruf und auch privat. Doch die aktive Sportlerin glitt
in die virtuelle Realität eines Chatrooms ab.
Multiple Persönlichkeiten
Ein besonders frappantes Merkmal der Erkrankung der Frau: Sie gab
sich als zwei verschiedene Persönlichkeiten aus. - Als 22-jährige in
einer "schüchternen" und in einer "selbstbewussten" Ausgabe.
Interessanterweise war die "Schüchterne" beliebter bei den übrigen
Chatroom-Gästen als die "Selbstbewusste". Das war der Sekretärin
zuwider, weil sie sich offenbar mehr mit ihrer extrovertierten
Kunstperson identifizierte. Schließlich verfiel die Frau sogar in
Eifersucht auf ihr schüchternes "Alter Ego".
Das Resultat: 40 Stunden und mehr verbrachte die Frau mit
Chatroom-Kontakten. Sie bekam Schwierigkeiten am Arbeitsplatz, weil
sie einfach nicht mehr schlief. Die Behandlung: Psychotherapie und
Antidepressiva (selektive Serotonin-Reuptake-Hemmer).
Schießwütig
Der zweite Fall: Ein 38-jähriger Akademiker, der täglich
ausschließlich am Arbeitsplatz am PC hing. Bei dem Tennisspieler und
Läufer schlug das "Moorhuhn-Jagd"-Fieber zu. Er konnte nicht mehr
genug des Spiels bekommen. Da verkümmerten bald die übrigen
Interessen, vor allem aber kam der Betroffene nicht mehr dazu, seine
Arbeit zu erledigen.
Auch hier half schließlich eine Psychotherapie. Gleichzeitig wurde
am Arbeitsplatz geregelt, dass der Internet-Abhängige nur noch
eingeschränkt einloggen konnte.
(APA)