Wien - Noch ist die weitere Privatisierung der Telekom Austria (TA) offiziell nicht ad acta gelegt, bei der Suche nach Begründungen für einen gesichtswahrenden Privatisierungsstopp sind Regierung und ÖIAG aber überaus kreativ.

Erst musste das Notrufnetz der Republik (Staatsgrundnetz) herhalten, dann die Wiener Börse, von deren Kurszettel die TA keinesfalls verschwinden dürfe, und am Freitag verkündete Finanzminister Karl-Heinz Grasser endlich, dass die Kurserholung der TA-Aktie auf über neun Euro noch lang kein Grund sei, die TA auch tatsächlich zu verkaufen. Denn das Unternehmen sei weit mehr wert.

In der ÖIAG betont man derweil, am Privatisierungsauftrag binnen zwölf bis 15 Monaten habe sich nichts geändert. Die Entscheidung soll Ende März fallen. Bis es so weit ist, soll die um den Turnaround ringende Braut herausgeputzt werden: Quasi als Brautschmuck wird in Regierungskreisen eine Lockerung der Regulierungsschraube gehandelt. Heißt konkret: Die Genehmigungspflicht für die Telefontarife der Endkunden durch den Regulator soll endlich fallen und durch eine nachträgliche Überprüfung ersetzt werden.

Rasche Änderung des Telekomgesetzes notwendig

Dazu ist freilich eine rasche Änderung des Telekomgesetzes notwendig. Geht es nach dem Willen der TA-Eigentümer, sollten auch die Netzzusammenschaltungsentgelte in Festnetz und Mobilfunk weniger streng reguliert werden, was Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht (allen voran die TA und ihre Handytochter A1 Mobilkom) unterm Strich höhere Einnahmen bescheren würde.

Mit Maßnahmen wie diesen, heißt es in FPÖ-Kreisen, könnte man nicht nur den Marktwert des TA-Konzerns deutlich erhöhen, sondern auch die Bereitschaft der "derzeit vier bis fünf ernsthaft interessierten Investoren", einen höheren Kaufpreis zu zahlen.

Keine Änderung der asymmetrischen Deregulierung

Dem TA-Management unter Heinz Sundt soll's recht sein, beklagt es sich doch regelmäßig über die Fesseln der Regulierung. Allein, so rasch - die TKG-Reform soll den Informationen zufolge bereits im Juli vom Nationalrat beschlossen werden - dürfte die Neuordnung der heimischen Telekomwelt nicht kommen. Denn die Basis dafür, die neue EU-Telekom-Richtlinie, wurde von den EU-Organen zwar abgesegnet, den EU-Ministerrat habe sie aber noch nicht passiert, gibt Telekomregulator Heinrich Otruba zu bedenken. Er erwartet dies im Februar. Erst danach läuft das übliche Prozedere der Gesetzwerdung an, das auch eine breite öffentliche Diskussion inkludiert, heißt es im Infrastrukturministerium zum blauen Schnellschuss.

Hoffnungen, die TA würde vom Regulator künftig "milder" behandelt, dürften übrigens solche bleiben: "Am Grundprinzip der asymmetrischen Deregulierung (dabei werden Marktmacht und Kostenmanagement des Exmonopolisten beim Netzzugang kontrolliert, Anm.) wird sich sicher nichts ändern", heißt es im Ministerium. Im Gegenteil: In Zukunft werde auch der Internetzugangsmarkt reguliert.

Geht es nach dem Willlen der TA-Eigentümer, soll im April auf Basis der von Merrill Lynch ausgeloteten Veräußerungsszenarien entgültig festgelegt werden, ob und wie verkauft wird. Der (Teil-)Verkauf selbst könnte im Herbst über die Bühne gehen.

Bei der mit 47,8 Prozent an der TA beteiligten Verstaatlichtenholding ÖIAG will man zudem abwarten, was der zweite TA-Großaktionär, die verkaufswütige Telecom Italia (TI), tun wird. Damit sei nicht vor Mitte Februar zu rechnen, heißt es.

Die ungewohnte Langmütigkeit der für sonst schnelle Verkäufe berüchtigten ÖIAG hat freilich einen weiteren Grund: Der TA-Verkauf muss viel Geld einspielen. Einen zweiten Flop - beim Börsengang im November 2000 hatten 22,4 Prozent der TA nur mickrige 1,008 Mrd. Euro (13,87 Mrd. S) Erlös gebracht - könne man sich nicht leisten, heißt es.(Luise Ungerboeck, Der Standard, Printausgabe, 14.01.2002)