Inland
Schlagender neuer Böhmdorfer-Sprecher
Gerald Waitz ist Mitglied der "Brixia" - DÖW: Harter Kern der deutschnationalen und rechtsradikalen Szene
Wien - Der neue Pressesprecher von Justizminister Dieter
Böhmdorfer (F), Gerald Waitz, ist Mitglied der Innsbrucker
schlagenden Burschenschaft "Brixia". Eine diesbezügliche Information durch das Dokumentationsarchiv des Österreichischen
Widerstandes (DÖW) bestätigte Waitz selbst am Freitagnachmittag. "Das
stimmt", sagte er zur APA. Nach übereinstimmenden Angaben des DÖW und des Innsbrucker
Historikers Michael Gehler - anlässlich des "Gesamttiroler
Freiheitskommerses" 1994 - ist die "Brixia" dem harten Kern der
deutschnationalen und rechtsradikalen Szene zuzuordnen. Die dieser
Einschätzung zu Grunde liegenden Informationen würden alle Zeiträume
betreffen, die vor seiner Mitgliedschaft bei der "Brixia" liegen, so
Waitz.
Keine Distanzierung
Er distanziere sich von der Burschenschaft "selbstverständlich
nicht, da ich ja nach wie vor Mitglied bin". "Ich verwehre mich im
Übrigen gegen jede Form der Kollektivschuld", so der
Böhmdorfer-Sprecher weiter.
Die "Brixia" wurde laut Dokumentationsarchiv im Jahr 1876
gegründet. 1897 wurde sie aufgelöst, nachdem sie ein Jahr zuvor dem
DÖW zufolge Juden die Satisfaktionsfähigkeit abgesprochen hatte. 1952
wurde die "Brixia" reaktiviert.
Friedhofsschändung und Terror
Im Jahr 1961 hat laut Dokumentationsarchiv ein "Brixe" gemeinsam
mit einem weiteren Burschenschafter den jüdischen Friedhof in
Innsbruck geschändet. Waitz dazu: "Das ist nicht richtig." Dem
Dokumentationsarchiv zufolge hat die "Brixia" auch Täter der zweiten
- rechtsextrem motivierten - Terrorwelle in Südtirol gestellt.
Hinter der Südtirol-Terrorwelle der achtziger Jahre vermutete die
Bozener Staatsanwaltschaft ebenfalls Mitglieder der "Brixia" als
Beteiligte, berichtet das DÖW. Weitere Informationen des
Dokumentationsarchivs: Am 8. September 1984 trat der Obmann der 1988
behördlich aufgelösten NDP, Norbert Burger, auf einer
Festveranstaltung der Burschenschaft auf, im März 1988 sollen
"Brixen" eine Broschüre mit dem Titel "1938. Lüge und Wahrheit. Weder
Opfer noch Schuld" verteilt haben.
Seit 1994 Mitglied
Am 9. November 1989 war ein Vortrag des rechtsextremen britischen
"Revisionisten" David Irving auf der Bude der "Brixia" geplant. Wegen
eines Einreiseverbots für Irving fand der Vortrag in Bayern statt.
Der 9. November 1989 war der Tag des Berliner Mauerfalls, am 9.
November 1938 veranstalteten Nationalsozialisten eine Pogromnacht an
Juden im Deutschen Reich.
Waitz dazu: "Ich war 1988 und 1989 im Gymnasium. Das war alles vor
meiner Zeit." Die Broschüre habe er nie gesehen. Er verwies zudem
neuerlich darauf, dass es keine Kollektivschuld gebe.
Mitglied der "Brixia" war Waitz bereits im Oktober 1994, als in
Innsbruck der "Gesamttiroler Freiheitskommers" veranstaltet wurde.
Laut DÖW unter Berufung auf die "Aula", das Magazin des
Freiheitlichen Akademikerverbandes (Tiroler - Sondernummer 1995), war
er Mitglied des Präsidiums des "Gesamttiroler Freiheitskommerses" im
Jahr 1994. Ein führender Organisator war damals auch Franz
Watschinger, Neffe von Norbert Burger und Sohn des ersten
NDP-Vorsitzenden.
Waitz betont, Gesetze zu akzeptieren
Waitz dazu: "Das stimmt nicht. In der Organisation waren etwa 200
Leute tätig. Ich hatte nicht irgendeine leitende Funktion, war kein
Mitglied des Präsidiums."
Der Böhmdorfer-Sprecher betonte im Übrigen, er "respektiere und
akzeptiere selbstverständlich die österreichischen Gesetze und
insbesondere die österreichische Verfassung". Er verwies darauf, dass
er sich in seiner Dissertation zum Thema "Der Einfluss des
Europarechts auf die österreichische Bundesverfassung" besonders mit
der Verfassung auseinander gesetzt habe. Im Übrigen habe er sich auch
in seiner Zeit als Rechtsanwaltsanwärter und vorher im Gerichtsjahr
ständig in der Praxis der österreichischen Rechtsprechung bewegt.
Waitz doch im Präsidium des Freiheitskommers
Der Sprecher von Justizminister Dieter Böhmdorfer (F), Gerald
Waitz, präzisierte Freitag Abend gegenüber der APA, er sei doch
Mitglied des Präsidiums des "Gesamttiroler Freiheitskommers" im Jahr
1994 gewesen. Das Präsidium sitze bei Veranstaltungen auf einem
erhöhten Podium. Waitz betonte, er sei allerdings nicht im
Organisationskomitee vertreten gewesen. Dieses verschicke
beispielsweise die Einladungen.
(APA)