Welt
Worldwatch-Institut fordert "Krieg" gegen Armut und Umweltzerstörung
" ... genauso aggressiv geführt und so gut finanziert wie der Krieg gegen den Terrorismus"
Washington - Das angesehene amerikanische
Worldwatch-Institut fordert eine weltweite Offensive gegen Armut und
Umweltzerstörung. "Dieser Krieg muss genauso aggressiv geführt und so
gut finanziert werden wie der Krieg gegen den Terrorismus", sagte
einer der Autoren der jüngsten Worldwatch-Studie über den Zustand der
Welt, Gary Gardner. Der Bericht wurde am Donnerstag in Washington
veröffentlicht.Vorwürfe gegen Regierungen
Worldwatch wirft Regierungen vor, sie vernachlässigten die
Umweltpolitik, zahlten zu wenig Entwicklungshilfe und täten nicht
genug, um den Schuldenberg der ärmsten Länder abzubauen. "Trotz des
Wohlstandes der 90er Jahre wächst der Abgrund zwischen Arm und Reich
in vielen Ländern und untergräbt die soziale und wirtschaftliche
Stabilität", sagte Worldwatch-Präsident Christopher Flavin.
Auf die Teilnehmer der Weltkonferenz über nachhaltige Entwicklung
im September in Südafrika warte eine immense Aufgabe, sagte eine
Autorin der Studie, Hilary French. "In Johannesburg werden wir
feststellen, ob die Nationen der Welt dringende Probleme gemeinsam
angehen können, oder ob sie auf dem Zerstörungspfad bleiben, der zu
Armut, Umweltzerstörung, Terrorismus und Krieg führt," sagte French.
"Die Delegierten täten gut daran, dieselbe Zielstrebigkeit an den Tag
zu legen wie im Kampf gegen den Terrorismus", sagte Autor Gardner.
Verschlechterungen konstatiert
Vieles habe sich seit dem Umweltgipfel in Rio de Janeiro 1992 zum
Schlechteren entwickelt, berichtet Worldwatch. So seien die Zahl der
Aids-Toten in den 90er Jahren um das Sechsfache gestiegen, die
Emissionen des Treibhausgases Kohlendioxid um neun Prozent. 27
Prozent der Korallenriffe seien inzwischen schwer beschädigt,
verglichen mit zehn Prozent vor zehn Jahren.
Die Zahl der internationalen Umweltabkommen sei zwar auf mehr als
500 gestiegen, doch seien sie nicht sehr ambitiös und für ihre
Überwachung werde nicht genug Geld bereitgestellt. "Das
UNO-Umweltprogramm muss kämpfen, um sein 100-Millionen-Dollar-Budget
zu erhalten, während die Militärausgaben der Regierungen weltweit
gleichzeitig täglich mehr als zwei Milliarden Dollar betragen."
Wo bleibt das Geld?
Obwohl die weltweite Wirtschaftproduktion in den vergangenen zehn
Jahren um 30 Prozent gewachsen sei, sei die staatliche
Entwicklungshilfe von 69 Milliarden Dollar 1992 auf 53 Milliarden
Dollar im Jahr 2000 zurückgegangen. Die Schuldenlast der ärmsten
Länder sei trotz der Versprechungen von Rio um 34 Prozent auf 2,5
Billionen Dollar im Jahr 2000 gestiegen.
Positiv vermerkt das Institut, das heute weniger ozonschädliche
Fluorchlorkohlenwasserstoffe produziert werden und weniger Menschen
an Lungenentzündung, Durchfallerkrankungen und Tuberkulose sterben.
Gute Noten erteilt Worldwatch auch für das Klima-Protokoll von Kyoto
und das Verbot von zwölf gefährlichen Chemikalien. "Das Bewusstsein
für Umweltfragen ist gewachsen, und in einigen Nischen wie
Windenergie und organischer Landwirtschaft sind bemerkenswerte
Fortschritte erzielt worden."
"... noch ist es nicht zu spät"
UNO-Generalsekretär Kofi Annan schrieb im Vorwort des Berichtes:
"Die Weltkonferenz wird nicht umhinkommen festzustellen, dass die
Realität in armen und reichen Ländern von den Zielen und
Versprechungen von Rio weit entfernt ist. Es ist aber nicht zu spät,
um Veränderungen überzeugender in Gang zu setzen." (APA/dpa)